LIEBESLUDER

Suffköppe

Detlev Buck hat sich zum Durchschnittszyniker gemausert

Anfang der 90er ragten die Filme Detlev Bucks überlegen aus der deutschen Komödienlandschaft heraus: der friesisch herbe Charme, die minimalistischen Dialoge, die lakonische Komik und die Fähigkeit, sich über seine Figuren lustig zu machen, ohne sie der Lächerlichkeit preiszugeben - das waren seltene Gaben im Land des Schenkelklopfhumors. Der kommerzielle Erfolg hat Buck längst zum deutschen Durchschnittszyniker werden lassen. Die abgehalfterte Kumpelkomik von Männerpension und das flache Heilsarmeespektakel Liebe Deine Nächste haben den Verfall des ostfriesischen Regietalentes deutlich dokumentiert, und Bucks neuer Film LiebesLuder setzt den Trend der Enttäuschungen fort.

Tatort ist diesmal die hochsauerländische Provinz. Malerisch liegt das Fachwerkstädtchen am Hang. Eng sind die Gassen und der Bewohner Gemüt. In die Spießeridylle bricht die junge schöne Studentin Ina (Mavie Hörbiger) ein und verdreht den Honoratioren der Kleinstadt nacheinander die hohlen Köpfe. Auf dem Privatflughafen bezieht sie Quartier, und schon stehen der schmierige Bankfilialleiter Nase (Pierre Besson), der unsympathische Sägewerker Wagner (Bruno Cathomas) und Flugplatzeigner Karuso (Matthias Matschke) zum Beischlaf bereit. Ausgerechnet auf Nases Hochzeitsfeier unterbreitet Ina den drei Ehebrechern das positive Ergebnis ihres Schwangerschaftstestes und fordert die großzügig bemessene Vorauszahlung der Alimente. Wie ein Mann stehen die gehörnten Provinzler zusammen. Eine geplante Entführung der Erpresserin, endet in einem versehentlichen Mord, und nicht nur die Polizei, sondern auch die betrogenen Gattinnen nehmen die Spur auf.

Auf unterstem Komödienstadl-Niveau witzelt sich Buck durch seine lieblose Provinzposse und tischt ein Charakterklischee nach dem anderen auf: eifersüchtige Hausdrachen, verhuschte Pantoffelhelden, eiskalte Erpresserinnen, schmierige Playboys, schusselige Bräute. Mit billigem Zynismus macht sich LiebesLuder denunzierend über die dusseligen Provinzler her. Fast alle Charaktere wirken, als wären sie im Prosecco-Suff auf einer Filmbranchenparty entworfen worden. Einzig Metzgermeister Wusch, den Detlev Buck selbst spielt, erinnert noch an die liebenswürdigen Verlierertypen, die seine früheren Filme bevölkerten. Im Gegensatz zum flachen Drehbuch steht die tiefenscharfe Optik des Films. Im Gleitflug schwebt die Kamera durch die Idylle des Hochsauerlandes und setzt die Enge der Kleinstadt in Beziehung zur Engstirnigkeit ihrer Bewohner. Der frühere Kieslowski-Kameramann Slawomir Idziak scheint sich mehr für die deutsche Provinz und die Menschen darin zu interessieren als Regie und Drehbuchautor Buck es vermag. Nach LiebesLuder dürfte Bucks Karriere im deutschen Boulevard-Theater nichts mehr im Wege stehen.

Martin Schwickert

D 2000 R&DB: Buck K: Slawomir Idziak D: Mavie Hörbiger, Anke Engelke, Pierre Besson, 91'