Martha Marcy May Marlene

Neustart

Eine junge Frau versucht ein Leben nach der Sekte

Zwei Jahre war die junge Martha (Elizabeth Olsen) spurlos verschwunden. Während dieser Zeit hat sie in einer Art Hippie-Kommune unter der Führung des charismatischen Frank (John Hawkes) tief in den Catskill Mountains gelebt. Jetzt hat Martha den nötigen Mut zur Flucht aufgebracht. Sie wendet sich an ihre Schwester Lucy (Sarah Paulson). Die freut sich über das unerwartete Auftauchen der Vermissten und holt sie sofort zu sich und ihrem Mann in deren idyllisch gelegenes, mondänes Ferienhaus.

Die über sie hereinbrechende Konsumwelt bereitet der an ein entbehrungsreiches Leben gewöhnten Martha Probleme. Auch bürgerliche Konventionen, Moral- und Wertvorstellungen sind ihr fremd geworden. So geht sie einfach nackt schwimmen, was bei Lucy, wie die meisten US-Amerikaner öffentlicher Nacktheit abhold, für Irritation sorgt. Auch von Privatsphäre scheint Martha nicht viel zu halten.

Die letzten zwei Jahre, über die sich Martha beharrlich ausschweigt, haben deutliche Spuren in ihrer Psyche hinterlassen. Verfolgungsangst und über sie hereinbrechende Erinnerungen sorgen dafür, dass Martha Wirklichkeit und Wahn kaum noch auseinander halten kann. Sie wird paranoid und aggressiv und bedroht die geordneten Verhältnisse in Lucys Familie.

Da hat sich Regisseur und Drehbuchautor Sean Durkin für sein Langfilmdebüt Martha Marcy May Marlene keinen leichten Stoff ausgesucht. Er verzichtet auf reißerische Szenen und konzentriert sich darauf, ein genaues Psychogramm einer Sektenaussteigerin zu zeichnen. Banale Anlässe können bei Martha Erinnerungen an ihre Zeit in der Kommune hervorrufen. Durch geschickt in die Handlung eingefügte Rückblenden enthüllt der Film nach und nach die Erlebnisse der jungen Frau. Franks effektiven Manipulationen und sexuelle Ausbeutung, deren einziges Ziel das Erlangen der vollen psychischen Abhängigkeit seiner Anhänger ist, stehen Momente von Gemeinschaft und eine Alternative zum minutiös durchgeplanten und auf materiellen Besitz ausgerichteten modernen Leben entgegen.

Einmal gerät Martha mit Lucys Mann in einen Streit darüber, was das Leben ausmacht. Für ihn, der seiner Karriereplanung eine zentrale Bedeutung zumisst, ist Marthas Kritik an seinem Lebensstil nur Ausdruck von Schmarotzertum. Seine nur auf Erfolg abzielende Sicht der Dinge ist auf ihre Art beschreibt der Film als genauso daneben wie das Leben in der Kommune.

Elizabeth Olsen, die jüngere Schwester der Olsen-Zwillinge , stellt die zwischen Verwirrung und Aufbegehren schwankende Martha überzeugend dar. John Hawkes verleiht dem an Charles Manson angelehnten Sektenführer Frank das nötige bedrohlich faszinierende Charisma. Leider hapert es an einem durchgehenden Spannungsaufbau, wodurch sich einige Längen ergeben.

Olaf Kieser

USA 2011 R & B: Sean Durkin K: Jody Lee Lipes D: Elizabeth Olsen, Sarah Paulson, Hugh Dancy, John Hawkes