DIE WEISSE MASSAI

Liebeslaune
Hermine Huntgeburth verfilmt den Bestseller, brav und ohne Überraschungen

Da kann nichts schief gehen, wird man sich gedacht haben. Schließlich hat das gleiche Rezept vier Jahre zuvor bei Caroline Links Nirgendwo in Afrika bestens funktioniert. Auch Corinne Hofmanns Bestsellerroman Die weiße Massai erzählt vom Aufeinanderprallen westlicher und afrikanischer Kultur, von den Widrigkeiten des Lebens in der Wildnis und großen Gefühlen vor atemberaubenden Landschaften.
Nur ist die Heldin Carola (Nina Hoss) nicht auf der Flucht vor dem Naziregime in Afrika gestrandet, sondern entscheidet sich in unserer komfortablen Jetzt-Zeit spontan für eine Verlängerung ihres Kenia-Urlaubes, nachdem sie sich Hals über Kopf in einen Samburu-Krieger verliebt hat. Die Samburu leben als Hirtenvolk ein karges, dörfliches Leben nach Jahrhunderte alten Traditionen. Stunden lang verbringen die Krieger damit, sich zu schmücken. Männer und Frauen leben fast vollständig getrennt voneinander. Keine optimalen Voraussetzungen für eine stabile Zweier-Beziehung, aber Carola gibt ihr bürgerliches Leben in der Schweiz auf und folgt dem Ruf der Liebe in die Savanne.
Das ärgerliche an Die weiße Massai ist, dass alles genauso kommt, wie man sich das als einfältiger Mitteleuropäer vorstellt, wenn eine Schweizer Boutiquebesitzerin einen afrikanischen Buschkrieger heiratet. Das Leben in der engen verrauchten Hütte und das Baden im Schlammloch mögen ja noch eine Frage der Gewöhnung sein, aber wie steht es mit dem emanzipatorischen Selbstverständnis der weißen Frau in der traditionellen Dorfstruktur?
Mit fast schon passionsgeschichtlicher Vorhersehbarkeit hakt Regisseurin Hermine Huntgeburth die Stationen des Scheiterns der multikulturellen Liebe ab. Die ersten Konflikte tauchen nach dem Kauf eines Landrovers auf. Weil es dem männlichen Stolz Lemalians (Jacky Ido) widerspricht, sich von seiner Frau durch die Gegend kutschieren zu lassen, geht er selbst ans Steuer und fährt den Wagen gegen den Baum. Als Carola genug von Dörrfleisch und Ziegenmilch hat, eröffnet sie einen florierenden Lebensmittelladen. Ihr Kontakt mit der männlichen Kundschaft, lässt die Eifersucht des Ehegatten immer wieder hochkochen. Auch die Geburt der gemeinsamen Tochter kann die Beziehung nicht mehr kitten. Nach vier Jahren kehrt Carola mit ihrem Kind zurück in die Schweiz.
Als Liebesdrama will Die weiße Massai einfach nicht funktionieren, weil die Beziehung, die vor der Kamera so tragisch zerfallen soll, gar nicht erst Gestalt annimmt. Huntgeburth findet weder Bilder noch Worte für die Faszination am Fremden, der ihre Hauptfigur so entschieden folgt. Wieder einmal wird hier die erbauliche Geschichte einer starken Frau erzählt, die ihren Weg durch Dick und Dünn geht, ohne dass verraten wird, woher die tapfere Heldin die Kraft dafür eigentlich hernimmt.
Da hat Caroline Link in Nirgendwo in Afrika deutlich mehr Mut zur Widersprüchlichkeit bewiesen. Aber hier waren die Themen - die Verlustgefühle der Emigration und der Kampf um eine neue Existenz - auch deutlich größer. In Die weiße Massai geht es letztendlich nur um eine Liebeslaune mit Rückfluggarantie.

Martin Schwickert
D 2005 R: Hermine Huntgeburth. B: Johannes W. Betz, Hermine Huntgeburth, Dr. Günter Rohrbach. K: Martin Langer. D: Nina Hoss, Jacky Ido, Katja Flint, Nino Presten