MEIN BRUDER IST EIN EINZELKIND

Alte Kämpfe

Zwischen politischen Verwirrungen und italienischer Leidenschaft

Latina, eine kleine Provinz im Italien des Jahres 1962. Im Mittelpunkt stehen die beiden Brüder Accio (Elio Germano) und Manrico (Riccardo Scamarcio), die nicht unterschiedlicher sein könnten. Accio, das Nesthäkchen der Familie, hat gerade die Priesterschule geschmissen und ist der geborene Störenfried. Das stupide Leben in der Provinz langweilt ihn. Sein Bruder Manrico hingegen engagiert sich für die Kommunisten und steigt in der Provinz schnell zum Arbeiterführer auf. Provozierend stellt sich Accio auf die andere Seite und schließt sich den Faschisten an. Seine Aggressionen finden hier das nötige Ventil.

Während des Films wandeln sich jedoch die Gesinnungen der beiden Brüder, die sich trotz unterschiedlicher Charaktere offensichtlich näher stehen, als es zunächst scheint. So verliebt sich auch Accio in die bildhübsche Francesca (Diane Fleri), die Freundin seines Bruders. Während Accio immer gelassener wird und bald kapiert, dass die faschistischen Ziele völlig sinnfrei sind, wird Manrico immer fanatischer und vergisst die wirklich wichtigen Dinge im Leben.

Der Film zeigt den Kampf der Linken gegen die Faschisten in den 60-er und 70-er Jahren, eingebettet in das Familienmelodram um Accio, Manrico und Francesca. Aber nicht die Ideologien stehen im Mittelpunkt, sondern die Menschen, die ihre Persönlichkeiten vor dem Hintergrund der gesellschaftspolitischen Auseinandersetzungen, etwickeln. So hat Daniele Luchetti seinen Schauspielern viel Bewegungsfreiheit gelassen, um eine gewisse Natürlichkeit zu bewahren, die ihm wichtig war.

Luchetti studierte Literatur und Kunstgeschichte, bevor er die Filmschule Gaumont besuchte. Bis 1995 stand er vor der Kamera, dann wechselte er in Regiefach. 1988 erhielt er den "David di Donatello" (den italiensichen "Oscar") für seinen ersten Spielfilm.

Claudia di Nuzzo

I/F 2007 R: Daniele Luchetti K: Claudio Collepiccolo D: Sandro Petraglia, Stefano Rulli, Daniele Luchetti,