»MENSCHENKIND«

Quengel-Kind

Ein totes Kind nervt

Was erwartet Dich, Kinogänger, wenn Jonathan Demme ein Südstaaten-Drama verfilmt, noch dazu nach einer lyrisch angehauchten Romanvorlage von Toni Morrison?
Die Zutaten zu einem tränenreichen Taschentuchfilm sind gegeben: Eine ehemalige Sklavin (Oprah Winfrey) wird vom Geist ihrer auf tragische Weise zu Tode gekommenen Tochter (Thandie Newton) heimgesucht. Doch wir wissen: Demme ist niemand, der sich in visueller Deutlichkeit zurückhält, und so bürstet er das potentielle Rührstück gegen den Strich: Schon in den ersten Minuten beschert er uns einen Gruselmoment: Bei einem Spuk wird ein Hund verletzt, ein Augapfel hängt heraus. Oprah Winfrey greift einmal beherzt hin, und er sitzt wieder.
Zudem wandelt sich die Wiedergängerin "Menschenkind" zum reinsten Haustyrann. Wenn sie nicht bekommt, was sie will, wird sie plötzlich vom sanften Naturkind ... la "Nell" zur tobenden Carrie. Diese Szenen gehen unter die Haut und bewegen sich auf der Grenze zwischen Genuß und Qual. Der Film wirbt zwar für sich mit den Namen von Danny Glover und Talk-Queen Oprah Winfrey (beide waren bereits in ähnlichen Gefilden unterwegs: The Color Purple ), doch es ist Thandie Newton, die diese unglaubliche Intensität auf die Leinwand bringt. Tak Fujimoto unterstützt sie darin, indem er seine stärksten Bilder für sie reserviert. Um das Vokabular der dunklen Seite der Macht zu benutzen: Impressive!

Manuela Brunner