ME TOO

Anders Leben

Liebe mit Handicap - eine Komödie über einen ungewöhnlichen Mann mit Down-Syndrom

Keine Frau mit 46 Chromosomen wird sich je in dich verlieben" sagt Santi zu seinem Bruder. Daniel leidet am Down-Syndrom, jenem genetischen Defekt, der durch ein zusätzliches 47. Chromosom verschiedene geistige und körperliche Behinderungen auslöst.

Daniel hat sich nie mit dem Handicap abgefunden, ist auf eine normale Schule gegangen, hat Abitur gemacht und sogar ein Hochschulstudium als Lehrer und psychologischer Pädagoge abgeschlossen. Jetzt hat er gerade seine erste Stelle in einem staatlichen Büro für behinderte Menschen angetreten und seine neue Arbeitskollegin Laura hält ihn zunächst für einen Klienten. Die peinliche Verwechslung ist schnell vergeben, und zwischen den beiden entwickelt sich unter den argwöhnischen Blicken der Kollegen allmählich eine Freundschaft, in der Daniel bald schon seine große Liebe zu finden hofft.

Aber wie soll das gehen - so einer wie er mit einer Frau wie Laura? Das fragen sich alle: Daniel, der sich einfach weigert sich nur in eine Behinderte verlieben zu dürfen, Laura, die den Humor, die Intelligenz und die Sensibilität ihres Arbeitskollegen schätzen lernt, Daniels Bruder Santi, der eine Tanzgruppe für Menschen mit Down-Syndrom leitet und hilflos dasteht, als sich zwei der Teilnehmer wie Romeo und Julia ineinander verlieben, und Daniels Mutter, die ihren behinderten Sohn ein Leben lang zu Höchstleistungen angespornt hat, weil sie ihn nicht so akzeptieren konnte, wie er war.

Aber während alle Beteiligten oben auf der Leinwand zweifeln, sind - und das ist die phänomenale Leistung der spanischen Filmemacher Alvaro Pastor und Antonio Naharro in Me Too - dem Publikum Laura und Daniel als zwei miteinander verbundene Seelen schon längst ans Herz gewachsen. Das heißt nicht, dass der Film geradewegs auf ein naives Happy End zusteuert. Aber er hebelt mit sanfter Nachhaltigkeit die Vorurteilsstrukturen gegenüber der Krankheit und die Grenzziehungen zwischen Behinderten und Nichtbehinderten aus, indem er beide Figuren den Stereotypen entreißt und auf ihre Individualität besteht.

Laura, die von der wunderbaren Almodóvar-Darstellerin Lola Dueñas gespielt wird, ist eine starke, unorthodoxe Frauenfigur, deren Selbstbewusstsein von tiefen Rissen durchzogen ist. Und auch Daniel muss seine Existenz als Hochleistungs- und Vorzeige- Behinderter grundsätzlich hinterfragen und sich in der Welt neu verorten.

Das wahre Glück dieses Films ist der fabelhafte Pablo Pineda. Er ist der erste Mensch mit Down-Syndrom, der in Europa ein Hochschulstudium abgeschlossen hat. Vieles von seiner eigenen Biografie ist in das Drehbuch eingeflossen und die sanfte Intensität seines Spiels fegt alle Vorurteile souverän hinweg.

Martin Schwickert

Yo, también Spanien 2009 R: Álvaro Pastor, Antonio Naharro K: Alafonso Postigo D: Pablo Pineda, Lola Dueñas, Antonio Naharro