MIFFO


Weltliche Liebe

Wenn priester zu sehr lieben

Als ich meinen Eltern erzählte, dass ich Pfarrer werden will, fing meine Mutter an zu heulen" erzählt Tobias zu Beginn von Daniel Lind Lagerlöfs romantischer Tragikomödie Miffo. Der skandinavische Klerus scheint es nicht leicht zu haben. Schon in Lone Scherfigs Italienisch für Anfänger vereinsamte ein Pfarrer vor den leeren Kirchenbänken Kopenhagens, und auch die schwedischen Kollegen kämpfen verzweifelt gegen den Kundenschwund.
Gerade einmal sechs Pensionsberechtigte versammeln sich sonntags in der Kirche, in der Tobias (Jonas Karlsson) seine erste Stelle angetreten hat. Voller Tatendrang lässt er sich in einen sozialen Brennpunkt an den betonierten Stadtrand Stockholms versetzen. Wie ein Staubsaugervertreter putzt er in der heruntergekommenen Schlafstadt Klinken, um ein paar Schafe in sein Gotteshaus zu bringen. Aber das arbeitslose Proletariat hat andere Sorgen. Bierdose und Schnapsflasche sind näher als der liebe Gott.
Dann gerät der frustrierte Jungpfarrer an Carola (Livia Millhagen), die im Rollstuhl sitzt und den Seelsorger mit ihrem sarkastischen Charme den Kopf verdreht. Aber dem unentschlossenen Bürgersöhnchen fehlt der Mut, sich zu seinen Gefühlen für das Proletariat zu bekennen.
Etwas unentschlossen hängt Miffo zwischen dem sozialen Realismus britischer Working-Class-Comedies und der emotionalen Tiefe dänischer Dogma-Nachfolger. Heraus kommt eine sozial-romantische Tragikomödie, die Ernst und Komik mit einander vermengt, aber auf keinem Gebiet wirklich Fuß fasst. Allzu übersichtlich gestaltet sich die amouröse Hüh&Hott-Dramaturgie, die zu einem mehrfachen Showdown vor dem Traualtar führt. Lagerlöf fehlt letztendlich der Mut, seine romantische Komödie mit schwarzem Humor zu dekonstruieren.

Martin Schwickert
Schweden 2003 R: Daniel Lind Lagerlöf B: Malin Lind Lagerlöf K: Olof Johnson D: Jonas Karlsson, Livia Millhagen, Kajsa Ernst