DIE KUNST ZU GEWINNEN

Amerikanische Revolution

Brad Pitt will Robert Redford werden

Außerhalb Amerikas hat es keiner gemerkt, aber 2002 erschütterte eine Revolution das Land der Freien und Schlagballspieler. Eine Baseball-Mannschaft mit so wenig Budget, dass die Spieler sich ihre Limo im Pausenraum selber kaufen mussten, stellte einen Wirtschaftsmathematiker zur Spieleranalyse ein und gewann nach langer Durstrecke und viel Naserümpfen in der Fachwelt zum ersten Mal in der Geschichte des Herz- & Magensports 20 Spiele hintereinander. Und von Stund' an war Baseball nicht mehr der Sport harter Kerle, bravouröser Homeruns und ergrauter Traditionalisten, die sich auf ihre Erfahrung und ihren Instinkt verließen. Und sich für gigantische Millionen-Beträge gegenseitig ihre Stars wegkauften. Moneyball erzählt diese Geschichte, nach zig Drehbuchversionen, vielen Millionen Entwicklungsaufwand und einem Fehlkauf vorab: Steven Soderbergh wurde kurz vor Drehbeginn aus dem Spiel genommen.

Billy Beane (Brad Pitt) ist ein stiller Held, ein Ex-Talent und Manager der kleinen Oakland-Mannschaft, denen man gerade drei Stars weggekauft hat. Er entdeckt einen unsportlichen Statistiker (Komiker Jonah Hill) und baut sein neues Team und seine Taktik ganz auf Zahlen und Wahrscheinlichkeitstheorie. Alle sind gegen ihn, vor allem Philip Seymour Hoffmann als gewichtiger Spielleiter der alten Schule.

Erst allmählich legt der Film über den Kampf der armen aber klugen Neuerer gegen das Establishment Billys eigenes Schicksal. Als Jugendlicher hatte er die Wahl zwischen einem Hochschulstidpendium und einem Profi-Vertrag. Er nahm den Vertrag, kriegte trotz erstaunlichem Talent kein Bein auf die Bases und hegt wohl einen Groll gegen den normalen Baseball-Verstand, der sich aus allen Irrtümern herauskaufen kann.

Glücklicherweise übertreibt es Regisseur Bennett Miller nicht mit der Psychologisierung, lässt Brad Pitt nur häufig stark ins Leere gucken, gibt ihm ein paar vorsichtige Szenen mit einer Tochter aus geschiedener Ehe, und lässt gelegentliche Wutausbrüche ganz weg. Ein Stuhl, der nach einer Enttäuschung auf den Flur fliegt, ersetzt angestrengte Gesichtsverzerrungen. Brad Pitt guckt einfach nur unverstanden und voll innerer Stärke.

Die Grundlage des Films ist ein Buch des Wirtschaftjournalisten Michael Lewis, der sich auf etwas abseitige Sport-Themen spezialisiert hat. Sein Buch "The Blind Side" brachte in der Verfilmung Sandra Bullock einen Oscar. Brad Pitt wird für diesen Film wohl keinen kriegen, weil zwar inzwischen alle Teams so statistisch arbeiten, aber das Baseball-Herz Amerikas offiziell weiter an kerligeren Helden hängt.

Wing

Moneyball USA 2011. R: Bennett Miller B: Stvene Zaillian, Adam Sorkin K: Wally Pfister D: Brad Pitt, Jonah Hill, Philip Seymour Hoffman