Monster Uni

Schrecken lernen

Die Disney-Firma Pixar wird zunehmend harmloser

Wir erschrecken zu guten Zwecken" steht als Firmenmotto über dem Eingangsportal der "Monster AG" und die Angestellten, die hier jeden Tag zur Arbeit strömen, sind zottelige, glitschige, vieläugige, riesige, gruselig aussehende Alptraumwesen. Ihre Aufgabe ist es, abends in den Kinderzimmern der Menschen Furcht und Schrecken zu verbreiten, denn aus den Schreien der verängstigten Jungen und Mädchen wird die Energie gewonnen, die in Monstropolis vom Auto bis zur Glühbirne alles antreibt.

Vor zwölf Jahren hatten die Pixar-Studios mit Monster AG aus dieser durchaus sadistischen Grundidee einen äußerst unterhaltsamen Familienfilm gestrickt, der einen spielerischen Umgang mit den Ängsten seiner jungen Zuschauer fand. Denn hier fürchteten sich nicht nur die Kinder vor den Monstern, sondern auch die Monster vor den Kindern, was zu einer produktiven Verwicklung zwischen beiden, durch magische Türen miteinander verbundenen Welten führte. Nun haben die Animationsstudios, die mit Findet Nemo, Ratatouille und Toy Story Trickfilmgeschichte schrieben, den Stoff noch einmal aufgenommen und präsentieren mit Monster Uni keinen Nachfolgefilm, sondern ein Prequel, in dem die Vorgeschichte der beiden Hauptfiguren erzählt wird.

Waren das wandelnde grüne Glubschauge Mike und das gemütliche Zottelmonster Sulley im Original unzertrennliche Kumpel, wird hier nun die wendungsreiche Genese der Freundschaft zwischen den zwei ungleichen Wesen vorgeführt. Beide schreiben sich an der Monster-Uni ein, um den Beruf des "Schreckers" zu erlernen. Aber während dem riesigen Monstertier Sulley, der einer bekannten Schreckerdynastie entstammt, die Erfolge in den Schoß fallen und die coolsten Studentenverbindungen ihn als Mitglied anwerben, versucht der kleine grüne Mike sein ungruseliges Aussehen durch theoretische Fleißarbeit wett zu machen. Er weiß alles über den Gang eines Zombies und das Grollen eines Werwolfs, aber dennoch will sich die Schreckbatterie bei seinen Auftritten im Simulationslabor nicht genügend aufladen. Als die gefürchtete Direktorin ihn durch die Prüfungen rasseln lässt, zerplatzt für den einäugigen Grünling ein Kindheitstraum.

Die einzige Chance zur Wiederaufnahme besteht in einem offenen Schreckwettbewerb, der jedes Jahr auf dem Unigelände ausgetragen wird. Dafür muss sich Mike nicht nur mit seinem Intimfeind Sulley, der wegen Faulheit exmatrikuliert wurde, zusammentun, sondern auch mit der uncoolen Studentenverbindung "Omega Kreischmal", deren Mitglieder zu den unschrecklichsten Monstern des ganzen Campus gehören, selbstgestrickte Pullover tragen und sogar Traumtagebuch führen.

Wie das Vorgängerwerk überzeugt auch Monster Uni wieder durch seine Liebe zum skurrilen Detail. In verschiedensten Farben und Formen watscheln, kriechen und krabbeln die Ungetüme über das Hochschulgelände, und eine Semesterparty im Studentenwohnheim wird zu einem rauschenden Fest kreativer Ekeligkeit.

Weniger einfallsreich als im Original, in dem die Grenzwelten zwischen Mensch und Monster intensiv ausgelotet wurden, fällt die Story des Nachfolgewerkes aus. Da die Geschichte komplett im Monsteruniversum angesiedelt ist, fehlen die realistischen Bezugspunkte, die bisher fast alle fantastischen Reisen des Pixar-Unternehmens geerdet haben. Stattdessen hält sich Monster Uni an den Genreregeln der Campus-Komödie fest.

Das ist sehr unterhaltsam, weil die Komik hier aus den kreativen Details entsteht, aber auch ein deutlich harmloseres Vergnügen als der Erstling, wo eine subtile Kapitalismuskritik mit in den Animationsspaß eingewebt war.

Da kommt die Story des Prequels, in der es um die wahren Werte von Freundschaft und Teamgeist geht, doch etwas brav daher.

In Zukunft sollte sich Pixar wieder stärker auf die Entwicklung neuer Originalstoffe konzentrieren, anstatt sein enormes technisches und künstlerisches Potenzial an den Recycling-Markt zu verschwenden.

Martin Schwickert

Monsters University USA 2013 110 min R: Dan Scanlon B: Daniel Gerson, Robert L. Baird, Dan Scanlon K: Matt Aspbury, Jean-Claude Kalache