»VERLORENE LIEBESMÜH'«

Tanz den Shakespeare!

Er kann's nicht lassen: Kenneth Branagh singt Shakespeare

Mit Verlorene Liebesmüh´ hat der bekennende Shakespeareholiker Kenneth Branagh ein weitgehend unbekanntes Stück des englischen Meisterdichters ausgegraben. Die bleierene Sinnschwere von Hamlet, die herzzerreißende Liebesdramatik von Romeo und Julia oder den abgedrehten Elfenzauber vom Sommernachtstraum sucht man in dieser eher seichten romantischen Komödie vergebens. Um der Belanglosigkeit des Stoffes entgegenzuwirken, verlegt Regisseur, Drehbuchautor, Produzent und Hauptdarsteller Branagh die Geschichte an den Vorabend des Zweiten Weltkrieges. Fingierte Wochenschaubeiträge berichten schon von Hitlers bedrohlicher Rüstungspolitik, während man sich am Hofe von Navarra dem Schöngeist verschreibt. Der junge König (Alessandro Nivola) und drei seiner Busenfreunde (Kenneth Branagh, Adrian Lester, Matthew Scream Lillard) legen in Zeiten größter politischer Verwirrung ein intellektuelles Keuchheitsgelübde ab. Drei Jahre lang wollen sich die Aristokraten bei asketischer Lebensführung nur noch ihren philosophischen Studien widmen und sich von allen amourösen Ablenkungen fernhalten. Aber schon bald rückt die weibliche Versuchung in komplementärer Vierer-Formation an. Die Prinzessin von Frankreich (Alicia Silverstone) und ihre Hofdamen (Carmen Ejego, Natascha McElhone, Emily Mortimer) kommen in diplomatischer Mission und stellen den Enthaltungsschwur der Männer auf eine harte Probe. Natürlich siegen die Hormone über den Verstand. Die strebsamen Kommilitonen verwandeln sich schnell in verliebte Trottel und tun alles, um dem selbst auferlegten Regelwerk zu entkommen. Branagh versetzt diesen äußerst überschaubaren Komödienplot mit klassischen Musicalelementen. Geschwungene Shakespeareverse gleiten über in die Hitlisten der 30er Jahre: Gershwins "I've Got A Crush On You", Irving Berlins "Cheek To Cheek", selbst vor "Theres No Business Like Showbusiness" schreckt man nicht zurück. Peinlich nur, dass außer Adrian Lester keiner der Beteiligten über entsprechende tänzerische oder gar musikalische Fähigkeiten verfügt. Ungelenk hüpfen Branagh und Natascha McElhone durch das hübsch stilisierte Bühnendekor und schmettern ihre Gesangseinlagen auf unterem Talentschuppenniveau in die ratlose Kamera. Mit manischem Dauerlächeln bemüht sich das Ensemble krampfhaft, gute Laune zu verbreiten, ohne je an die Leichtigkeit der Musicalvorbilder heranreichen zu können. Was sich in Woody Allens Alle sagen: I Love You mit ironischen Musikzitaten zum dilettantischen Geniestreich entwickelte, endet in Branaghs halbgaren Shakespeare-Remix als glatte Bauchlandung.

Martin Schwickert