»VERSPIELTE NÄCHTE«

Familien-Bande

Zocker-Schicksal in Berlin - der Deutsche Film kann immer noch schlechter sein

Da kann man nicht meckern: Das Drehbuch ist zäh wie kalter Honig, die Schauspieler sind so hölzern wie der Berliner Altbau-Fußboden, der störend auf der Tonspur vor sich in knarzt (wär mal ein eigenes Artikelchen wert: die Liebe deutscher Filme zu Parkett-Böden, die sie tontechnisch nie in den Griff kriegen...), die Kamera hampelt ohne Konzept durch die Szenerie, der Schnitt ist idiotisch und stimmungstötend - ein deutscher Film halt in all seiner Pracht. Nur daß dies gar kein richtiger deutscher Film ist, sondern ein griechischer, co-produziert vom ZDF, gefördert vom Filmboard Berlin-Brandenburg. Und weil Autorin & Regisseurin Angeliki Antoniou die ersten 10 Minuten in Griechenland spielen läßt (der Rest stirbt dann in Berlin) und ein griechisches Team an Technik und Ausstattung beteiligt war, konnte sie, neben deutschen Geldern, auch Athener Fördermittel abgreifen, womit wir uns den Gesichtszügen eines kulturellen Monsters nähern, das "europäischer Film" heißt und noch einen Tacken schlimmer zu werden droht als der genuine deutsche Film.
Papa ist tot und wird in Griechenland beerdigt. Die schöne gestrenge Tochter denkt an ihre Schwester in Berlin, die dort, von Papa gefördert, dem klassischen Tanz nachgeht. Durch den Tod Papas befreit, traut sie sich, nach Berlin zu reisen - um festzustellen, daß die kesse Schwester keineswegs den sterbenden Schwan gibt, sondern als illegale Zockerin das Berliner Nachtleben durchpflügt. Dramatische Verwicklungen sind damit hinreichend angelegt. Was immer auch aus der kruden Geschichte 'rauszuholen gewesen wäre, hier wird es vergeigt: Frauensolidarität, Spielsucht, Schwesterliebe, Männer als Arschlöcher, kulturelle Besonderheiten - alles versumpft in dunklen, deprimierenden Bildern, in denen schlechte Schauspieler Sätze absondern müssen wie "Entweder man schafft es allein" - dramatische Pause - "oder gar nicht." Tja. Oder mit Fördermitteln des Filmboard Berlin-Brandenburg. Jedenfalls können Griechische Regisseurinnen mit deutschem Geld jetzt Filme drehen, die aussehen wie eine "Derrick"-Folge. Das ist der Fortschritt.

Thomas Friedrich