NAPOLA

Elite-Bubis
Zwei Jungs erleben das Dritte Reich

Was haben der Schauspieler Hardy Krüger, der ermordete Präsident der Deutschen Bank Alfred Herrhausen und der Literaturkritiker Hellmuth Karasek gemeinsam? Alle drei waren in einer "Napola". In den 37 Nationalpolitischen Erziehungsanstalten wurden während des Dritten Reiches etwa 17.000 junge Männer militärisch gedrillt und ideologisch geschult, die nach dem Endsieg als Gauleiter in Moskau, London oder New York eingesetzt werden sollten.
Während in den Konzentrationslagern die Vernichtungsmaschinerie der NS-Rassenpolitik wütete, wurde in den malerisch gelegenen Eliteschulen die neue Herrenrasse herangezüchtet. Der 31-jährige Regisseur Dennis Gansel (Mädchen, Mädchen) versucht nun in Napola - Elite für den Führer ein Bild dieser NS-Institution nachzuzeichnen, das sowohl die Brutalität der Indoktrination als auch die Verführungskraft der arischen Kaderschmieden vor Augen führt.
1942 wird der 17jährige Friedrich Weimer (Max Riemelt) als Boxer angeworben und schleicht heimlich im Morgengrauen aus der elterlichen Wohnung, um sich in die Eliteschule des Führers einzuschreiben. Für den Arbeitersohn aus Berlin-Wedding wirken die malerische Burg Allenstein, die großen Versprechungen der Lehrer und die Aussicht, als professioneller Boxer in den Ring steigen zu können wie das Paradies auf Erden. Deutlich abgeklärter ist da schon der Sohn des örtlichen Gauleiters, Albrecht (Tom Schilling), der davon träumt, Schriftsteller zu werden, und die Indoktrination durch die Schule immer stärker hinterfragt.
Friedrich und Albrecht werden Freunde, obwohl sie wenig gemeinsam zu haben scheinen. Eines nachts werden die Jugendlichen mit Waffen und scharfer Munition losgeschickt, um entflohene russische Kriegsgefangene zu verfolgen. Albrechts offene Kritik an dem brutalen Einsatz führt zum Eklat und wird zum Prüfstein der Freundschaft.
Auf der Genrefolie einer klassischen Internatsgeschichte, vermittelt Gansel ein klares Bild von der Verführungskraft, die die Versprechungen der NS-Propaganda auf die damalige Jugend hatten. Der Film ist nicht als historisch exakte Rekonstruktion angelegt, sondern konzentriert sich auf die Perspektive der Jugendlichen. Napola versucht mit seinem einfachen Identifikationsraster das jüngere Kinopublikum zu erreichen und es - ohne dabei selbst ins Agitieren zu verfallen - gegen neonazistische Agitationsversuche zu wappnen. Dass daraus kein Schulfernsehformat, sondern eine wirkliche Kinogeschichte geworden ist, muss man dem Film hoch anrechnen, auch wenn es unter der eingängigen Genreoberfläche zuweilen an analytischer Tiefe fehlt.

Martin Schwickert
D 2004 R: Dennis Gansel B: Dennis Gansel, Maggie Peren K: Torsten Breuer D: Max Riemelt, Tom Schilling, Justus von Dohnányi