ZWISCHEN UNS DAS PARADIES

Hirnwäsche in Bosnien

Das Leben in Sarajewo zwischen Moderne und Islam.

Luna und Amar leben in Sarajewo in einer kleinen Wohnung. Luna arbeitet als Stewardess, Amar als Fluglotse. Als in Amars Kaffeebecher Schnaps während der Arbeit entdeckt wird, ist er seinen Job los. Denn Amar hat ein Alkoholproblem, das im wesentlichen mit der Kriegsvergangenheit zu tun hat. So wie Luna eine bosnische Muslima und ein Flüchtling ist, kämpfte Amar auf Seiten der bosnischen Muslime.

In Jasmila Zbanics zweitem Film (nach Esmas Geheimnis) präsentieren sich Luna und Amar zunächst als liebendes, sehr westlich orientiertes Paar. Wenn Luna Lust hat, sagt sie "Lass uns ficken", abends geht man in die Disco, der Kleidungsstil ist europäisch-westlich.

Inzwischen arbeitslos, trifft Amar einen Kriegskameraden, der Wahabit geworden ist (das sind die Fundis aus Saudi-Arabien). Amar findet bei den Wahabiten Arbeit und fängt an, sich zu verändern. Er gibt Frauen nicht mehr die Hand, er will keinen Sex mehr "vor der Ehe" und beschimpft seine Freunde, Allah habe sie im Krieg nur strafen wollen, weil sie in Sünde lebten und schlechte Moslems seien.

Dieser Konflikt bestimmt zwei Drittel des Films, trotzdem behauptet die Regisseurin, es sei ihr hier um "die Liebe" gegangen und wie sie sich ändert und wie wir auf Veränderungen des Partners reagieren. Der Film "hätte genauso gut über ein Paar sein können, in dem ein Partner sich plötzlich dem ultraorthodoxen Judentum (_) zuwendet."

Das ist, angesichts des zunehmenden Einflusses der Wahabiten in Bosnien, zumindest eine frivole Idee. Und während Sarajewo immer mehr unter den Einfluss der Araber gerät, stellt der Film die Fundis als vorwiegend spleenig und harmlos dar. Ihre Frauen gehen in schwarzen Säcken, es gibt strikte Geschlechtertrennung, aber immerhin bringen die Fundis Amar vom Saufen weg und kümmern sich um Kriegswitwen. Das ist nicht wenig!, sagt der Film und stürzt Luna damit in einen (Schein-)Konflikt: Will sie wirklich noch mit Amar ein Kind haben? Schließlich will der sie nicht einmal mehr vögeln, solange sie nicht vom Imam getraut wurden.

Der albere deutsche Titel stiftet zusätzlich Verwirrung. Es geht nicht darum, wie ein Paar das Paradies "zwischen sich" entdeckt. Na Putu, so der Originaltitel, heißt "Auf dem Weg". Das ist, wenn man die Geschichte an der Wirklichkeit misst, durchaus auch als Warnung zu verstehen.

Thomas Friedrich

Na Putu D/Ö/Bosnien/Kroatien 2010 R & B:Jasmila Zbanic K: Christine A. Maier D: Zrinka Cvitesic, Leon Lucev, Ermin Bravo