Nichts zu verzollen

Die spinnen, die Belgier

Nach »Willkommen bei den Sch'tis« kümmert sich Dany Boon jetzt um seine Nachbarn jenseits der Grenze

Bei den "Sch'tis" war es der arrogante Südfranzose, den die Bewohner der Normandie mit ihrem herzlichen Wesen solange in die Arme schlossen, bis der Mittelmeermensch nicht mehr weg wollte von der kalten Atlantikküste. In Nichts zu verzollen reist Boon nur ein paar Kilometer weiter in das französisch-belgische Grenzstädtchen Corquain, wo zwei verfeindete Zöllner durch das Schengener Abkommen in eine staatsübergreifende Freundschaft hineingezwungen werden.

Der Belgier Ruben Vandevoorde hasst die Franzosen und verteidigt als Zollbeamter seine Heimat mit intensiven Pass- und Kofferraumkontrollen gegen die Invasion der "Camemberts", die täglich nur zum Tanken in sein geliebtes Vaterland fahren.

Für den fanatischen Patrioten, der nachts auf dem Acker heimlich die Grenzpfosten verschiebt und sogar den Himmel als nationales Territorium betrachtet, bricht eine Welt zusammen, als 1993 die Grenzkontrollen zwischen den Staaten aufgehoben werden.

Auch der weniger fanatische Kollege vom französischen Zoll Mathias Ducatel sieht den Veränderungen am Arbeitsplatz mit Sorge entgegen, kann dem europäischen Binnenmarkt aber auch Positives abgewinnen. Schließlich ist Ducatel schon seit Jahren heimlich mit der Belgierin Louise liiert - der Schwester von Ruben Vandevoorde.

Als die beiden Zöllner zu einer binationalen Einsatzgruppe zusammengefasst werden und mit einem klapprigen Renault 4 auf Schmugglerjagd gehen, versucht Ducatel mit seinem zukünftigen Schwager und der belgischen Sippschaft anzubändeln.

In Nichts zu verzollen arbeitet Dany Boon wieder mit jenem harmlosen und zutiefst unzynischen Humor, der schon die "Sch'tis" zum Erfolg führte.

Allerdings leistet sich der Film mit dem rassistischen Zöllner eine Negativfigur, die zur Karikatur überzeichnet wird. Der belgische Komiker Benoît Poelvoorde (Mann beißt Hund) wandelt hier als cholerischer Charakter mit hohem körperlichen und mimischen Einsatz deutlich auf den Spuren von Louis de Funès, und die uniformierten Zöllner erinnern an das alte Genre der französischen Gendarme-Komödien.

Das Konzept, den Rassismus am französisch-belgischen Exempel, wo kaum ethnische Unterschiede auszumachen sind, ad absurdum zu führen, ist durchaus schlüssig, erlaubt Boon aber auch das bittere Thema auf harmloseste Weise humorvoll zu behandeln.

Das ist manchmal saukomisch, schreckt vor Slapstick-Einlagen nicht zurück, bleibt aber in seiner Lustspielstruktur einer etwas ermüdenden Übersichtlichkeit verpflichtet, die das Publikum keinesfalls überfordern will.

Bei allen freundlichen Wohlfühlansprüchen ist Boon allerdings nicht so naiv zu glauben, dass sich Rassismus durch Freundschaft therapieren lässt. Am Ende sind der Belgier und der Franzose zwar beste Kumpel, aber Vandevoorde hat schon längst ein neues Feindbild gefunden, auf das er Zorn und Vorurteile projizieren kann.

Martin Schwickert

Rien à déclarer F 2010 R&B: Dany Boon K: Pierre Aim D: Dany Boon, Benoît Poelvoorde, Julie Bernard