NIRGENDWO IN AFRIKA

Fern der Heimat

Emigranten in Afrika

In Caroline Links Film ist der Kontinent kein mythischer Ort für zivilisationsmüde Abenteurer, sondern ein Notlandeplatz für die Vertriebenen der deutschen Geschichte. Kurz bevor in Deutschland 1938 die Synagogen angezündet werden, gelingt der jüdischen Familie Redlich die Emigration nach Kenia. Zu Hause in Breslau war Walter (Merab Ninidze) ein angesehener Anwalt. Auf der dürren Farm in Rongai hat einzig das Rosenthal-Porzellan als absurde Erinnerung an den vergangenen Wohlstand überlebt. Es ist wunderschön, aber hier können wir doch nicht bleiben, sagt seine Frau Jettel (Juliane Köhler) in naiver Verkennung der Situation. In den Widrigkeiten der Emigration treibt es das Paar auseinander. Während sich Walter mit angestrengtem Pragmatismus bemüht, in der Fremde Fuß zu fassen, verweigert sich Jettel den ärmlichen Bedingungen und begegnet den Einheimischen mit rassistischer Hochnäsigkeit. Einzig die Tochter scheint sich mühelos zu akklimatisieren und freundet sich mit dem afrikanischen Koch Owuor (Sidede Onyulo) an. Auch ein Neuanfang nach der vorübergehenden Internierung durch die britische Kolonialmacht kann die Ehe nicht retten. Nirgendwo in Afrika versucht vieles auf einmal zu sein: Historiendrama, Beziehungsfilm, Landschaftskino. Allerdings scheint Caroline Link, die hier den gleichnamigen Roman von Stefanie Zweig adaptiert, mit keinem der Genres richtig warm zu werden. Über ein knisternden Kurzwellensender dringen die Nachrichten aus Deutschland in die Einöde, und ähnlich unscharf werden die Gefühle von Hilflosigkeit und Einsamkeit in der Emigration vermittelt. Nirgendwo in Afrika greift nicht nach der großen Geschichte, sondern konzentriert sich zurecht auf die Auswirkungen, die das Flüchtlingsdasein auf die menschlichen Beziehungen hat. Juliane Köhler konnte ein wenig von ihrem flatterhaften Wesen aus Aimee und Jaguar in diesen Film hinüberretten und pendelt glaubwürdig zwischen verwöhnter Zimtzicke und patenter Lebefrau. Auch Merab Ninidze arbeitet den verbohrten Idealismus seiner Figur gut heraus. Aber Caroline Link schreckt als Regisseurin und Drehbuchautorin davor zurück, den Beziehungskonflikt zwischen den beiden Figuren konsequent zuzuspitzen und rettet sich immer wieder auf versöhnliche Nebengleise. Nirgendwo in Afrika ist ein Film, der es allen recht machen will. Er wird vielen gefallen und doch nur wenigen im Gedächtnis bleiben. Ihr Kinodebüt Jenseits der Stille brachte Caroline Link eine Oscar-Nominierung; in seiner Mainstream-Machart liest sich Nirgendwo in Afrika wie ein Bewerbungsschreiben für Hollywood.

Martin Schwickert

D 2001 R&B: Caroline Link K: Gernot Roll D: Juliane Köhler, Merab Ninidze, Mathias Habich