KALTES LAND

Allein unter Männern
Eine Frau wehrt sich gegen Machosprüche und Belästigungen am Arbeitsplatz

Hat er Dich mit einem anderen erwischt?" Dies sind die harschen Worte, mit denen Josey (Charlize Theron) von ihrem Vater begrüßt wird, als sie mit einem ziemlich lädierten Gesicht und ihren zwei Kindern im Schlepptau wieder zuhause einzieht. Zu ihrem gewalttätigen Freund möchte Josey nicht zurück, also muss sie wohl oder übel einen Job finden, und die sind im kalten Norden von Minnesota dünn gesät. Als sich ein Arbeitsplatz in der Mine auftut, zögert sie erst. Die Möglichkeit aber, zum ersten Mal in ihrem Leben selbst Geld zu verdienen, um sich mehr als nur das Nötigste leisten zu können, lässt Josey ihre Scheu vor der brutalen Männerwelt des Tagebaus überwinden.
So beginnt Kaltes Land, ein auf wahren Tatsachen beruhender Film über eine Minenarbeiterin, deren Protest gegen die frauenfeindlichen Bedingungen an ihrem Arbeitsplatz zu einem erbitterten Kampf vor Gericht führte. Wie Lois Jensen, deren Leben für den Film stark verändert wurde, sieht sich Josey tagtäglich derben Sprüchen und den gierigen Hände ihrer männlichen Kollegen ausgesetzt, von den blöden Witzen, bei denen Körperflüssigkeiten oder Dildos mit im Spiel sind, ganz abgesehen.
All dies scheint, chauvinistisch und verletzend wie es auch sein mag, zumindest für einen männlichen Zuschauer immer noch in die Grauzone zu passen, mit der Frauen in Männerberufen vor 20 Jahren klarkommen mussten. Spätestens als Josey von ihrem Chef zu hören bekommt, sie solle doch einfach weniger Zeit in den Betten ihrer verheirateten Kollegen verbringen, haben sie und der Film das Publikum gänzlich auf ihrer Seite.
Was Kaltes Land über eine recht langsame erste Hälfte rettet, ist die subtile Art und Weise, mit der Niki Caro (Whale Rider) den Kampf ihrer Heldin mit kleinen Schnipseln aus der Vergangenheit anreichert, die erst später einen Sinn machen sollen, aber schon lange vorher eine Identifikationsmöglichkeit und Grundspannung liefern, die uns über eher triviale Momente des Films hinwegsehen lassen. Unterstützt wird sie dabei durch ein hervorragendes Ensemble, dem neben Charlize Theron so verdiente Charaktermimen wie Frances McDormand (Fargo), Richard Jenkins (Six Feet Under) und Sissy Spacek angehören.
Vor allem schafft es Caro, aus einem sozial relevantem, wenn auch an sich nicht unbedingt interessanten Thema einen wirklich packenden persönlichen Film zu machen, eine Geschichte, der man auch zuhören würde, wenn sie frei erfunden wäre.

Karsten Kastelan
North Country USA 2005 R: Niki Caro. B: Michael Seitzman. K: Chris Menges. D: Charlize Theron, Frances McDormand, Sean Bean, Woody Harrelson, Jeremy Renner, Richard Jenkins, Sissy Spacek.