ORIGINAL SIN

Die falsche Braut

Angelina Jolie legt Antonio Banderas aufs Kreuz

Keine Liebesgeschichte, aber eine Geschichte über die Liebe kündigt eine Frauenstimme zu Beginn von Michael Cristofers Original Sin aus dem Off an. Am Anfang sieht noch alles nach einer karibische Variante einer braven Jane-Austen-Verfilmung aus. Der wohlhabende kubanische Kaffeeplantagenbesitzer Luis Vargas (Antonio Banderas) lässt sich per Heiratsannonce eine Frau vom US-amerikanischen Festland kommen. Vargas ist ein emotionsloser Pragmatiker. Die zukünftige Gattin soll hauptsächlich als Statussymbol und zur Erhaltung der Familiendynastie dienen. Liebe ist etwas für die, die daran glauben sagt er und hinter ihm lacht sich die alte Haushälterin verheißungsvoll kaputt. Die unscheinbare Briefverlobte Julia (Angelina Jolie) entpuppt sich bei ihrer Ankunft am Tage der Hochzeit als betörende Schönheit. Unverhofft gleitet die arrangierte Ehe in beidseitiges Liebesglück, und binnen weniger Wochen ist Luis der Angetrauten restlos verfallen.

Jede Frau hat ihre Geheimnisse, und Julia hat sie bündelweise im Gepäck. Durch einen dubiosen Privatdetektiv (Thomas Jane) erfährt Luis von der zweiten Identität seiner Frau und findet bald das Haus ebenso leer vor wie sein Bankkonto. Von Sehnsucht und Rachegefühlen getrieben, begibt er sich auf die Suche nach Julia und gerät in immer neue Strudel von selbstzerstörerischer Leidenschaft und schmerzhafter Selbsterkenntnis.

Mit Original Sin hat Regisseur Michael Cristofer (Body Shots) Cornell Woolrichs Roman Walzer in die Dunkelheit für die Leinwand bearbeitet. Woolrich gehörte in den 40er Jahren zu den literarischen Hauptlieferanten des amerikanischen Film Noir und auch Hitchcock (Das Fenster zum Hof) und Truffaut (Die Braut trug schwarz) bedienten sich seiner düsteren Kriminalnovellen. Cristofer hat den Stoff moderat modernisiert, die weibliche Perspektive ein wenig verstärkt und die Geschichte von New Orleans ins tropische Kuba verlegt. Herausgekommen ist eine höchst spannende Mischung aus schwülem Liebesdrama und wendungsreicher Crime-Story, ein stilvolles Labyrinth der Leidenschaften Angelina Jolie, die man nach Nur noch 60 Sekunden und Tomb Raider nicht unbedingt in einem Kostümfilm erwartet hätte, beweist ihr Talent für doppelbödige Charaktere. Cristofers umsichtige Regie sorgt dafür, dass ihre femme fatale nicht im Schlampenklischee steckenbleibt. Ihr gegenüber scheint Antonio Banderas vom Wechselbad der Gefühle sichtlich überfordert - einziger Schwachpunkt in diesem elegant verschwitzten Liebesdrama.

Martin Schwickert

USA 2001 R&B: Michael Cristofer K: Rodrigo Prieto D: Angelina Jolie, Antonio Banderas, Thomas Jane