Parada

Verrückte Krieger

Die erste Gay-Parade in Belgrad als Hintergrund für eine Balkankomödie

Der schwule Designer Mirko will die erste Gay-Parade in Belgrad durchführen. Aber schon bei der Pressekonferenz, auf der er das ankündigt, wird er von Nazis brutal zusammengeschlagen. Auch die Polizei ist keine Hilfe. "Ich kenn solche perversen Spielchen aus dem Knast, da ist mir das egal", sagt der Polizeichef und empfiehlt den Schwulen und Lesben, sich einfach mal "umerziehen" zu lassen.

Mirkos Freund Radmilo ärgert sich. Die Schwulenparade ist ihm eigentlich egal, er ist eher vorsichtig und zurückhaltend mit seinem Outing. Aber weil Mirkos Herz so sehr an dieser Parade hängt und weil er einfach nicht aufgeben will, nutzt Radmilo einen seiner Kontakte. Als Tierarzt hatte Radmilo nämlich jüngst einen goldkettchenbehangenen Kunden, der mit der Knarre in der Hand die Tierarztpraxis stürmte und drauf bestand, dass seine angeschossene Bulldogge sofort behandelt werde. Weil Radmilo dem Vieh das Leben rette, ist Limun, der Kleinkriminelle, ihm was schuldig.

Dieser Limun ist die eigentliche Sensation und Hauptfigur in Srdjan Dragojevics Komödie Parada. Homophob bis ins Mark, hat es sich der Ex-Söldner und Ex-Kriminelle in Belgrad gut eingerichtet. Er betreibt eine Judo-Schule und eine Sicherheitsfirma. Und genau deshalb soll er den Schutz der Gay-Parade übernehmen.

Schon im Freundeskreis eckt Limun gewaltig an mit dem Auftrag, Schwule zu beschützen. Seine Verlobte allerdings, die die kommende Hochzeit zufällig von Mirko organisieren lässt, ist begeistert und schließt die neuen schwulen und lesbischen Freunde schnell ins Herz.

Weil ihm in Belgrad niemand hilft, wendet sich Limun an alte Freunde und Feinde. Er fährt nach Kroatien, Bosnien und in den Kosovo, und wenn gegen Ende die alten Feinde aus den 90ern in einem rosa Kleinwagen, der mit schwulenfeindlichen Spraygraffitis überzogen ist, einträchtig gen Belgrad fahren, weil das Drehbuch sehr verrückte Wege gegangen ist, um sie alle zusammenzubringen - dann sieht man da auch eine Sehnsucht nach dem alten Jugoslawien, als die Balkanvölker noch gemeinsam verrückt waren und Nazis und Nationalisten in den Knast wanderten. Parada ist kein Belehrungsfilm, sondern eine brillante Komödie, in der die Gags in Minutenfrequenz einschlagen. Von der Ausstattung bis zu den Dialogen sitzt hier alles perfekt. Limun und seine verrückten Krieger sind dabei ebenso klischeebelastet wie die etwas zu weichen Schwulen. Wer die Filme von Emir Kusturica mag, wird sich hier sofort zu Hause fühlen.

Am Ende wird Limun auf der Schwulenparade mitmarschieren. Nicht als Beschützer, sondern als Teilnehmer. Und eine Texttafel wird erklären, dass die erste Schwulenparade in Belgrad von 5000 Polizisten beschützt wurde. Dann kommt der Abspann zur Musik eines alten Partisanenliedes. Parada erhielt auf der Berlinale 2012 den Publikumspreis. In Serbien wurde er als bester Spielfilm ausgezeichnet, Nikola Kojo bekam für seine Rolle des Limun den Preis als bester Schauspieler.

Der Verleih bringt den Film synchronisiert und im Original mit Untertiteln ins Kino. Wenn man Spaß haben will, sollte man der deutschen Fassung aus dem Weg gehen.

Thomas Friedrich

Serbien / Slowenien / Kroatien / Montenegro / Rep. Makedonien 2011 R & B: Srdjan Dragojevic K: Dusan Joksimovic D: Nikola Kojo, MiloÜ Samolov, Goran Jevtic, Goran Navojec