Passion

Tatort Berlin

Brian De Palma dreht jetzt mit deutscher Filmförderung. Und so sieht sein Thriller auch aus

Längst nicht mit jedem Filmemacher verhält es sich wie mit einem guten Wein, der über die Jahrzehnte an Reife und Qualität gewinnt. Woody Allen, in dessen kontinuierlichem Output immer wieder eine Perle zu finden ist, mag da eine Ausnahme sein. Brian De Palma, der der Filmgeschichte Klassiker wie Scarface (1983) oder Die Unbestechlichen (1987) schenkte, hat in den letzten zehn Jahren ein eher durchwachsenes Alterswerk vorgelegt. In Femme Fatale (2002) und Black Dahlia (2006) wandelte er etwas bemüht auf dem Gebiet des Film Noir und sein Versuch, mit Redacted (2007) in die Diskussion um den Irakkrieg einzugreifen, endete nicht nur an den US-Kinokassen in einem veritablen Flop.

Wie Woody Allen hat sich De Palma nun mit seinem neuen Film Passion ins europäische Förderexil begeben. Gedreht wurde in Berlin mit Finanzspritzen aus Deutschland und Frankreich, und auch das Drehbuch basiert auf einer europäischen Vorlage, die der französische Thriller Liebe und Intrigen (2010) von Alan Corneau lieferte. Die Story ist in den lichtdurchfluteten Räumen einer internationalen Werbeagentur angesiedelt, wo die weiblichen Angestellten einen innerbetrieblichen Machtkampf entfachen, in dem von Mobbing bis zum Mord mit harten Bandagen gekämpft wird. Als Isabelle (Noomi Rapace) einen cleveren Spot für einen Mobiltelefonanbieter entwirft, versucht ihre Vorgesetzte Christine (Rachel McAdams) die Idee gegenüber der Firmenleitung als ihre eigene zu verkaufen. "Du hast Talent und ich mache das Beste daraus" konstatiert sie mit einem strahlenden Lipgloss-Lächeln. Aber nicht nur mit Charisma und Autorität wickelt die Chefin Isabelle um den Finger, sondern auch mit rührseligen Geschichten aus der Kindheit und unzweideutigen erotischen Avancen.

De Palma inszeniert den Zickenterror im Büro als sexuell aufgeladenes Ränkespiel, in dem die Damen in knapper Business-Trikotage lasziv umeinander schnurren, um dann umso erbarmungsloser übereinander herzufallen. Als aufgeblasene Altherrenfantasie wäre die Angelegenheit auf der Erotik-Thriller-Schiene eines Öffentlich-rechtlichen Senders gut aufgehoben.

Als es schließlich zum Mord kommt, die innerbetrieblichen Hierarchiekonflikte in einen Kriminalfall münden, deutsche Polizisten mit teutonischer Effizienz die Indizien am Tatort blitzschnell ausfindig machen und Karoline Herfurth als lesbische Sekretärin genau zur richtigen Zeit mit dem Smartphone die Beweissicherung übernimmt, kommt es zu einigen peinlichen Momenten unfreiwilliger Komik.

Die hölzernen Dialoge ("Du wolltest, dass ich komme. Hier bin ich") ergänzen dabei den stocksteifen Inszenierungsstil, der auch durch die sauber kadrierten Aufnahmen des Aldomóvar-Kameramannes José Luis Alcaine die angestrebte altmeisterliche Eleganz einfach nicht erreichen will.

Martin Schwickert

D/F 2012 97 min R: Brian De Palma B: Brian De Palma, Natalie Carter K: José Luis Alcaine D: Rachel McAdams, Noomi Rapace, Karoline Herfurth