WAS NICHT PASST, WIRD PASSEND GEMACHT

Proll-Humor

Ein verlängerter Kurzfilm

Bevor der bekennende Ruhrgebietler Peter Thorwarth an der Münchner Filmhochschule aufgenommen wurde, hat Thorwarth ein wenig im Bauhauptgewerbe gejobbt. Seine Erfahrungen mit der Arbeiterklasse bildeten später die Grundlage für einen unterhaltsamen Kurzfilm. Der Titel auch damals: Was nicht passt, wird passend gemacht - dabei hätte der angehende Jungfilmer auf dem Bau lernen können, dass man zwar schnell einen langen Balken gekürzt hat, dass es aber verdammt schwierig ist, zu kurz geratenes Material noch einmal zu verlängern.

Wahrscheinlich war Thorwarth zu sehr damit beschäftigt, seine Stereotypen in der Baugrube einzusammeln. Zum Trupp der proletarischen Pappkameraden gehören der grummelige Polier Horst (Willi Thomczyk), Frühstücksbiertrinker Kalle (Rolf Richter) und der gewiefte türkische Kollege Kümmel (Hilmi Sözer). Die Drei haben viel Späßchen miteinander. Das Bier wird in der Mischmaschine gekühlt. Der Umgangston ist rau aber herzlich, die Arbeit kommt angenehm schleppend voran. Dann stößt der Architekturstudent Philipp (Peter Thorwarth) zur Chaostruppe und verliebt sich in die Tochter des Poliers. Klar, dass der Studierte erst einmal Zementsäcke schleppen muss. Eine gewichtige Nebenrolle spielt ein polnischer Schwarzarbeiter, der bei einem fingierten Arbeitsunfall vermeintlich ums Leben kommt, womit die Kumpel ihren Chef (Dietmar Bär) zu erhöhten Lohnzahlungen bewegen wollen. Die Turbulenzen nehmen vorhersehbare Wege und finden ihre Auflösung in einem klassenübergreifenden Happening: Boss, Arbeiter und Student krempeln die Ärmel hoch, um die Firma vor dem Bankrott zu bewahren.

Peter Thorwarth ( Bang Boom Bang ) nennt die britischen Working-Class-Comedies als Vorbild. Natürlich ist es lobenswert, dass sich deutsche Komödienregisseure nicht mehr nur mit dem Beziehungsgeharke des Münchner Mittelstandes beschäftigen. Aber Thorwarths Blick auf die wunderbare Welt des Proletariats kommt nie über die eingeschränkte Praktikanten-Perspektive hinaus. Die Skurrilitäten des Malochermilieus werden abgeschöpft und die Figuren auf ihre komödiantische Verwertbarkeit reduziert. Das britische Kino beherrscht das Understatement und findet Komik im Alltäglichen. Thorwarth hingegen hält seinen Blick auf die rülpsende Exzentrik der Arbeiterklasse, und sein Versuch, den deutschen Grobwursthumor mit einer Bravo-Love-Story zu humanisieren, lassen das Lustspiel endgültig auf Vorabendserienniveau absacken.

Martin Schwickert

D 2002 R&B: Peter Thorwarth B: Mathias Dinter, Martin Ritzenhoff K: Eckhard Jansen D: Willi Thomczyk, Dietmar Bär, Ralf Richter