PINGPONG

Im Pool

Ein deutscher Examensfilm voller französischer Gefühle

Es soll wohl Sommer sein, irgendwo in Sachsen-Anhalt, in einem Haus im Grünen. Fliegen sitzen auf der Marmelade, Fische treiben bauchoben auf dem See, aber das Licht ist nicht heiß, die Schatten sind tief und Anna zieht nicht mal zum Sonnenbad im eigenen Garten das Oberteil aus. Ihr Mann Stefan sitzt daneben und hält das für zickig. Im Hintergrund übt Sohn Robert Alban Berg für seine Pianistenprüfung.
Die Idylle ist belastet. So wie der nahe See, in dem man wegen des Nitrats nicht schwimmen darf. Dann kommt Paul, 16 Jahre alt. Vor ein paar Monaten hat sich sein Vater umgebracht, jetzt besucht er Onkel und Tante, ohne feste Absichten.
Nur langsam, in vielen elliptischen Szenen, wächst die Ahnung, dass die Familie Schwierigkeiten hat, über die keiner reden will. Paul fliest für Kost und Logis den verfallenen Swimming Pool, Robert übt Klavier, Stefan geht auf Geschäftsreise und Anna verhätschelt den Hund, einen Riesenschnauzer namens Schumann.
Britische Kritiker verliehen dem Vieh neulich in Cannes einen "Palm Dog"-Sonderpreis, wohl um die raren komischen Töne im Film zu würdigen.
Alle Konflikte werden nur angerissen. Gelegentliche emotionale Ausbrüche lässt die Regie meist im Dunkeln versacken. "Unaufgeregtes Erzählen" nennt das Matthias Luthardt, der, zusammen mit einem großen Teil seines Teams, mit Pingpong das Filmhochschulexamen in Potsdam bestand.
An deutschen Filmen stört ihn der Hang zum Expliziten, ihm ist die französische Art lieber, die Themen und Motive nur anspielt: Sommererotik, Beziehungs-Dramen, die Tischtennisplatte, an der alle vier reihum sich Bälle zu schlagen und einander meinen.
Oder eben der Pool, den die wohlhabende Familie verfallen ließ. Paul hat ihn zum Schmuckstück ausgebaut, aber am Ende macht er ihn zum Schauplatz seiner hilflosen Rache an der trügerischen Familienharmonie.

WING

D 2006, R: Matthias Luthardt, B: Matthias Lutthardt / Meike Hauck, K: Christian Marohl, D: Sebastian Urzendowsky, Marion Mitterhammer, Falk Rockstroh, Clemens Berg