Premium Rush

Kampfradler

Als Fahrradkurier durch New York - das ist hart.

Ich kann nicht im Büro arbeiten. Ich will keine Anzüge tragen. Ich fahr gern." Willee (Joseph Gordon-Levitt) ist der beste Fahrradkurier von New York. Täglich riskiert er sein Leben, wenn er durch die Stadt jagt, um eine Lieferung rechtzeitig am Bestimmungsort abzugeben. Mit seinem Fixie, einem Eingangrad ohne Bremsen (die hält Willee für lebensgefährlich) kommt er immer schnell voran, selbst wenn sich die Autos mal wieder stauen. An guten Tagen verdient er 80 Dollar. Keine Frage, der Mann macht das nicht, weil er reich werden will, sondern weil er den gefährlichen Job unter beständigem Zeitdruck liebt.

Allerdings droht sein aktueller Auftrag Willees guten Ruf zu beschädigen. Er soll für eine Studentin einen Umschlag von der Columbia Law School innerhalb von 90 Minuten quer durch Manhattan nach Chinatown bringen. Die Zeit ist dabei nicht das Problem, sondern ein zwielichtiger Polizist, der es eindeutig auf den Inhalt des Umschlags abgesehen hat. Der Cop erweist sich als äußerst hartnäckig und setzt alles daran, Willee die Luft aus den Reifen zu lassen.

Schon in der ersten Szene fliegt Willee zu "Baba O´Riley" von The Who durch die Luft und landet unsanft auf dem harten Asphalt. Rasant inszeniert sind seine furiosen Ritte durch den dichten Stadtverkehr. Er zwängt sich durch schmale Lücken, hängt sich an Autos, umkurvt aufgehende Autotüren oder jagt bei Rot über eine Kreuzung. Visuell gelungen sind auch die Momente in denen Willee in kritischen Situationen im Geiste seine Möglichkeiten und deren Folgen durchgeht. Man sieht die Routen als gelbe Linien auf dem Asphalt. Falsche Entscheidungen führen zu fatalen Unfällen.

Ein großes Plus des Films ist die Übersichtlichkeit der Actionszenen. Gegenwärtig wird oft versucht, mit hektischen Schnittfolgen und Wackelkamera inszenatorisches Unvermögen zu vertuschen. Das hat Regie-Routinier Koepp nicht nötig, der sich auch allzu unwahrscheinliche Stunteinlagen verkneift.

Als guter erzählerischer Kniff erweisen sich die Rückblenden. Sie enthüllen Hintergründe der verschiedenen Figuren und zeigen Szenen aus unterschiedlichen Perspektiven. Dadurch gewinnen die genrebedingt oberflächlich angelegten Charaktere etwas an Profil. Sonderlich tiefschürfend ist die Handlung dennoch nicht. Die Intelligenz wird aber auch nicht beleidigt.

Als gute Wahl erweisen sich die Hauptdarsteller. Joseph Gordon-Levitt (The Dark Knight Rises, Looper) verkörpert den Kampfradler glaubhaft und sein jungenhafter Charme lässt ihn die Sympathien gewinnen. Schauspielerisch stellt ihn aber der großartige Michael Shannon (Take Shelter) in den Schatten, der seinen Schurken als Getriebenen der Umstände anlegt.

Olaf Kieser

USA 2012 R: David Koepp B: David Koepp, John Kamps K: Mitchell Amundsen D: Joseph Gordon-Levitt, Michael Shannon, Dania Ramirez