EIN QUANTUM TROST

Die Neue Ernsthaftigkeit

Schluß mit lustig: James Bond ist sauer auf die Welt und langt entsprechend hin.

Vor zwei Jahren wurde die Bond-Geschichte mit Casino Royale neu geschrieben. Mit der Feuertaufe für den 007-Neuling Daniel Craig wurde das ganze Franchise-Konzept einer Grunderneuerung unterzogen. Schluss mit postmoderner Ironie und eitlen Selbstverweisen. Schluss auch mit der Hi-Tech-Aufrüstung, die sich zuletzt mit einem unsichtbaren Bond-Mobil in Stirb an einem anderen Tag selbst ad absurdum geführt hatte. Die Bond-Gemeinde musste Abschied nehmen von dem altgedienten Bastler "Q", und sogar Miss Moneypenny wurde in den Ruhestand geschickt.

Als erster blonder Bond zeichnete Craig den Agenten des MI6 als physischen Helden, der keine Angst vor Schweiß und Blut auf Maßanzügen und Smokinghemden hat, als harten Brocken, der mit der Kälte eines Profikillers agiert und doch sein Herz an seine Mitstreiterin Vesper verliert.

Ein ganzer Kerl, verletzbar und sensibel - mit diesem prototypischen Männerideal legte der neue Bond die selbstgefällige Glätte seiner Vorgänger ab und stellte sich dem veränderten Publikumsgeschmack. Mit Erfolg. Das Einspielergebnis von 594 Millionen Dollar bewies die weltweite Akzeptanz der Umstrukturierungsmaßnahmen.

Nun durfte man gespannt sein, wie sich der reformierte Held nach seiner fulminanten Premiere im Agenten-Alltag des Kinos bewährt. Als erster Bond-Film ist Ein Quantum Trost als Fortsetzung angelegt. War es in Casino Royale die aufflammende Liebe zu Vesper, die die Klarsicht des Agenten zeitweise trübte, sind es nun die Rachegelüste, die seine berufliche Objektivität beeinträchtigen.

Der neue Auftrag führt 007 nicht nur auf die Spur eines globalen Verschwörerrings, sondern auch zu den Drahtziehern, die Vespers Tod zu verantworten haben. "M" (Judi Dench) hat alle Mühe, ihren wütenden Agenten in der Spur zu halten. Einen Verdächtigen bringt Bond nach einer halsbrecherischen Verfolgungsjagd halbtot in den Verhörkeller im italienischen Siena. Einen anderen Gegner sticht 007 mit der Präzision eines Schlachthofangestellten die Aorta auf und lässt ihn geduldig in seinen Armen verbluten.

Wie schon in Casino Royale nimmt Bond seine Lizenz zum Töten gründlich in Anspruch und wird selbst zum fast schon psychopathischen Grenzgänger, der das Böse, dass er auftragsgemäß verfolgt, selbst in sich trägt.

Aber genug von der Agentenpsyche - wie sieht es an der Weltverschwörerfront aus? Auch hier ist der Film auf der Höhe der Zeit. Nicht um irgendwelche verrückten Weltherrschaftspläne geht es, sondern um eiskaltes marktwirtschaftliches Kalkül.

Dominic Greene (hervorragend: Mathieu Amalric) und seine Organisation versuchen, Trinkwasser im weltweiten Maßstab zu monopolisieren. Das Wasserreservoir unter der bolivianischen Wüste soll der Anfang des Aqua-Imperiums sein, und die Kollaboration der globalen Verschwörer mit einem ehemaligen Militärdiktator ruft Bond-Girl Camille (Olga Kurylenko) auf den Plan, die ihren eigenen Rachefeldzug gegen den General plant.

Die Beziehung des Geheimagenten zur äußerst attraktiven Mitstreiterin bleibt streng platonisch, und auch die Liebesnacht mit einer anderen Agentenkollegin wird recht emotionslos abgehandelt. Überhaupt strahlt Ein Quantum Trost, entgegen den Versprechungen seines eigentümlichen Titels, eine gewisse emotionale Kälte ab. Die Action-Szenen, die Marc Forster (Monster's Ball) in Bourne-Manier in Szene setzt, sind hart und schnell geschnitten, was in so mancher Verfolgungsjagd zu weitgehender Orientierungslosigkeit führt. Selbst die Bilder aus dem karibischen Haiti und der flirrenden Wüste Boliviens wirken mit starken Kontrasten und entsättigten Farben stilistisch unterkühlt.

Das strenge Konzept nimmt dem Film, bei aller Action-Perfektion, die Eleganz und Leichtigkeit. Auch der extratrockene Humor ist eher sparsam dosiert.

Das eigentlich Neue am Bond der Ära Daniel Craig ist die Verwandlung des Helden, der sich tapfer aus der Zwangsjacke des Markenzeichens herausgekämpft hat.

Martin Schwickert

James Bond 007: Quantum of Solace. GB/USA 2008 R: Marc Forster B: Paul Haggis, Neal Purvis, Robert Wade K: Roberto Schaefer D: Daniel Craig, Olga Kurylenko, Mathieu Amalric