RELIGULOUS

Jesus-Pop

Bill Maher, Komiker und Atheist, auf der Suche nach dem Sinn eines bestimmten Gefühls

Der Filmtitel, der sich aus den englischen Wörtern "religion" und "ridiculous" zusammensetzt, ist Programm. Der Glaube und die Lächerlichkeit werden in Larry Charles Doku-Satire Religulous ganz dicht nebeneinander gelegt.

Der in den USA recht bekannte Stand-Up-Komiker Bill Maher reist kreuz und quer durch die USA, nach Europa und Israel, um Gläubige aller Couleur ins Kreuzverhör zu nehmen. Mit Fernfahrern in einer Trucker-Kapelle diskutiert er über die jungfräuliche Empfängnis, mit einem republikanischen Senator und bekennenden Evangelikanen über Genesis und Apokalypse, mit dem muslimischen Rapper Propa-Ghandi über Salman Rushdie, mit einem "Pro-Jesus"-Rabbi über seine Holocaust-Verleugnung, und mit einem Fernsehprediger über den Wert seines Goldschmucks.

Sogar Jesus selbst tritt vor die Kamera. Und das gleich zweimal. Einmal in Form eines puertoricanischen Sektengründers, der sich für eine Reinkarnation des Heilands hält und über ein Heer von 100.000 Gläubigen verfügt. Ein anderes Mal in "Holy-Land", jene radikal-christliche Antwort auf "Disney-Land", wo der Messias in einem Passionsmusical im Stundentakt unter Tränen und Beifall des Publikums gekreuzigt wird.

Anders als in Borat , für den ebenfalls Larry Charles als Regisseur verantwortlich zeichnete, reist Maher nicht inkognito zu den Stätten fundamentalistischen Glaubens. Der Komiker macht keinen Hehl aus seiner aufrichtig atheistischen Gesinnung. Das lässt seine Gesprächspartner entweder versteinern oder weckt erst recht ihren Missionierungsdrang. Offen und gnadenlos macht sich Maher über den irrationalen Wahrheitsanspruch der Gläubigen lustig.

Wo der verbale Schlagabtausch nicht ausreicht, werden ironisierende Film- und Nachrichtensequenzen hinein geschnitten oder Untertitel eingeblendet. Das ist nicht fair, aber trotzdem saukomisch. Das gilt besonders für religiöse Kuriositäten, wie eine Ausstellung, die die Evolutionstheorie widerlegen will, indem sie Dinosaurier und Menschen im Pappmaché-Paradies friedlich nebeneinander setzt, oder ein Jerusalemer Laden, der allerhand Equipment anbietet, um die zahlreichen Sabbatsverbote mit technischen Hilfsmitteln zu umgehen.

Etwas anstrengend wirken hingegen die schnelle Schnitt-Technik und die sprunghafte Themen- und Location-Wechsel. Als kraftvolle, kompromisslose Satire auf jegliche Form von religiösem Fundamentalismus und als atheistisches Bekenntnis in einem religiös übersteuerten Amerika hat Religulous durchaus Bestand, auch wenn er der Frage, warum die Menschen denn nun allen Erkenntnissen der Moderne zum Trotz glauben, keinen Schritt näher kommt.

Martin Schwickert

USA 2008 R: Larry Charles K: Anthony Hardwick D: Bill Maher