RENDEZVOUS

Paare im Clinch

Ein deutsches Kammerspiel um ein altes Thema

Dumm gelaufen. Eigentlich sollte Walter (Sven Walser) auf Geschäftsreise sein und Anna (Lisa Martinek) wollte ihre Mutter besuchen. Nun stehen sie einander gegenüber in ihrem geräumigen Loft hoch über den Dächern Berlins und wissen nichts mit einander anzufangen. Dann klingelt es, und vor der Tür steht Walters alter Freund Jost (Tim Lang) mit einer Flasche Weißwein in der Hand. Spontanbesuch, behauptet er. Die Männer reden übers Geschäft. Walter ist ein erfolgreicher Banker, während Jost gerade das väterliche Speditions-Unternehmen in den Ruin steuert.
Walter könnte Jost ein bisschen unter die Arme greifen. Wenn er wollte. Aber jetzt gibt es erst einmal Essen und eine seltsam verklemmte Begrüßung zwischen Jost und Anna.
Später beobachtet Walter, wie die beiden sich heimlich in der Küche küssen und ahnt nun, was hier gespielt wird. Anna wollte seine Abwesenheit zu einem romantischen Abendessen mit Jost nutzen. Genauso wie er die Geschäftsreise nur vorgetäuscht hat, um mit Josts Frau Yvonne (Annika Mauer) ins Bett gehen zu können, die wenig später ebenfalls mit einer Flasche Wein vor der Tür steht.
Basierend auf einem Theaterstück von Tim Lang (alias Bob L. Sack) setzte Regieneuling Alexander Schüler sein filmisches Kammerspiel als eigenfinanzierte Low-Budget-Produktion in Szene. Ausführlichst beharken sich die beiden Paare, und in seiner voyeuristischen Tendenz zum Seelenstriptease strebt Rendezvous die Verwandtschaft zu Mike Nichols Klassiker Wer hat Angst vor Virginia Woolf? an, landet aber eher in den Gefilden von Doris Dörries misslungenem Beziehungsdrama Nackt.
Dabei ist Schüler sichtlich um Intensität bemüht. Die digitale Handkamera ist immer nah an den Protagonisten dran, und die Schauspieler werfen sich mit Verve in ihre Rollen. Das Problem von Rendezvous ist nur, dass es in dem ganzen Film nicht eine einzige Figur gibt, um deren Wohlergehen man sich als Zuschauer auch nur andeutungsweise sorgt. Nachdem die Spannungen der Vierer-Konstellation aufgedeckt sind, verliert man schnell das Interesse an diesen Menschen, die keine anderen Sorgen haben als sich selbst. Letztendlich hetzt Schüler seine Charaktere nur aufeinander und macht die Zuschauer zu Voyeuren in diesem psychodramatischen Schaukampf, der einen auf quälende Weise unberührt lässt.

Martin Schwickert

D 2005 R: Alexander Schüler B: Bob L. Sack K: Leif Karpe D: Lisa Martinek, Sven Walser, Annika Mauer, Tim Lang