Revision

Tod im Kornfeld

Eine etwas umständliche Dokumentation über ein ganz normales Ende in Deutschland

Im Juni 1992 werden an der deutsch-polnischen Grenze die Leichen von Grigore Velcu und Eudache Calderar mitten in einem Getreidefeld entdeckt. Warum das Feld kurz nach der Entdeckung in Flammen steht, ob einer der beiden Männer noch stundenlang gelebt hat und einfach verblutet ist - vieles an diesem Todesfall wird nicht geklärt. Geschossen haben zwei deutsche Jäger, die behaupten, die Gruppe illegaler Einwanderer, die da nachts übers Feld marschierte, für Wildschweine gehalten zu haben, die sich nach den Schüssen erstmal vom Tatort entfernten. Später passten die gefundenen Kugelreste im Kopf eines der Opfer zu keiner Munition, die die Jäger verwendet haben wollen.

Diesen Fall, der sich während des Höhepunktes des staatlich geduldeten Ausländerhasses in Deutschland abspielte, an dem eigentlich alles seltsam ist, rollt der Künstler und Filmemacher Philip Scheffner in seiner Dokumentation Revision wieder auf. Das macht er allerdings derart umständlich und un-filmisch, dass man sich zwingen muss, die ersten 15 Filmminuten zu überstehen, denn erst dann lässt sich der Regisseur dazu herab, uns zu erklären, worum es überhaupt geht.

Er und sein Team treiben Zeugen auf, Angehörige in Rumänien (die nie über den Prozess informiert wurden), und er wurschtelt sich recht mühsam durch die künstlerische Selbstreflexion. Manchmal weiß man nicht, was für Scheffner wichtiger ist: Der skandalöse Totschlag an zwei Rumänen oder seine dilettantischen Versuche, aus dem Tod dieser Emigranten künstlerisch Kapital schlagen zu wollen. "Wo beginnt so eine Geschichte", fragt er aus dem Off immer wieder, nervtötend und altklug. Denn an keiner Stelle kann er auch nur andeuten, was sich an der Geschichte ändern würde, je nachdem, wo man sie beginnen ließe.

Dementsprechend ist Scheffner auch an dem Ende nur interessiert, insofern es stattgefunden hat. Der Tod zweier Ausländer, die von zwei deutschen Jägern in einem Kornfeld für Wildschweine gehalten und mit einem Kopfschuss mit Spezialmunition getötet werden (drei Jahre wird das Gutachten brauchen, um die Munition zu analysieren) führt nicht zur Analyse einer Gesellschaft, in der das stattfindet. Sondern zu reflexiven Kopfschmerzen beim Künstler, der darüber ein "arte"-fähiges Feature machen möchte.

Thomas Friedrich

D 2012 R: Philip Scheffner B: Merle Kröger, Philip Scheffner