ROCKNROLLA

Back to the Roots

Guy Ritchie ist wieder bei Schweinen und Diamanten

Der britische Regisseur Guy Ritchie hat in den letzten Jahren als zukünftiger Ex-Mann von Madonna weitaus mehr Aufsehen erregt als durch sein filmisches Werk. Nach dem Debütfilm Bube, Dame, König, Gras wurde Ritchie 1998 als Kultregisseur gefeiert und konnte sich mit der Gangsterkomödie Snatch erfolgreich aus dem Low-Budget-Keller in die Fahrwasser des internationalen Mainstreams hineinmanövrieren.

Aber nach der Promi-Hochzeit folgte der kreative Absturz. Swept Away mit Gattin Madonna in der Hauptrolle ging bei der Kritik und an den Kinokassen mit Mast und Segel unter. Revolver kam in Deutschland erst gar nicht in die Kinos. Nun begibt sich Ritchie mit RocknRolla wieder dorthin, wo er sich am wohlsten fühlt: in die Londoner Unterwelt.

Und auch dramaturgisch arbeitet der britische Regisseur nach bewährter Rezeptur. War es in Bube, Dame, König, Gras eine Ladung Dope, in Snatch ein Diamant aus Antwerpen, sind es nun in RocknRolla sieben Millionen aus Immobiliengeschäften und ein Gemälde, um die sich rivalisierende Verbrecherkollektive zanken. Natürlich ist Habgier die treibende Kraft in der Geschichte, in der sich ein Pate alter Schule, ein russischer Bau-Milliardär, eine Bande von Kleinganoven und eine zünftige Femme Fatale gegenseitig die Beute abjagen. Gehorchen die Handlungen der Gangster mehr oder weniger den Gesetzen des kriminellen Marktes, wird ein drogensüchtiger Rocksänger, der den eigenen Tod fingiert hat, um den Verkauf seiner Platten anzukurbeln und nebenbei auch noch der verstoßene Stiefsohn des Obermobsters ist, zur chaotisierenden Kraft in der Londoner Unterwelt.

Mag sein, dass Ritchie nur diese eine Sorte Film machen kann. Aber das, was er kann, macht er gut.

In den scheinbar hingeworfenen Dialogen mischen sich Nonsens, Coolness und Verbalakrobatik. Der rasante Schnitt wird auch hier wieder zur treibenden narrativen Kraft.

Die Sexszene, die den Liebesakt auf drei schnell geschnittene Sekunden herunter bricht, wird jedenfalls als kompakteste Beischlafsequenz in die Filmgeschichte eingehen.

Und wenn Ritchie im homophoben Gangsterkosmos ein schwules Coming-Out platziert, dann dekonstruiert er die Macho-Kultur, die er eben noch zelebriert hat, auf sehr originelle Art und Weise.

Martin Schwickert

GB 2008 R&B: Guy Ritchie K: David Higgs D: Gerard Butler, Tom Wilkinson, Thandie Newton