»ROSANNA'S LETZTER WILLE«

Ruhe sanft

Jean Reno als Komödiant

Über dem Grab ist ein Seil gespannt, darauf balanciert ein Artist mit weiß geschminktem Gesicht und abgewetztem Frack. Taumelnd läßt er aus schwindelnder Höhe rote Rosen auf den Sargdeckel fallen. Unten die Trauergemeinde: Gaukler, Clowns, Zirkuskollegen und ein Mann aus dem Ort, der übernervös das Treiben des Seiltänzers verfolgt. Die abgenutzte Fellini-Poesie dieser Eröffnungsszene von Paul Weilands Rosanna's letzter Wille (der falsche Apostroph ist ein Einfall des deutschen Verleihs) wird wieder schnell auf den Boden des Pragmatismus zurückgeholt. Der nervöse Mann dort unten trauert weniger um den Toten als um das Grab, das dieser belegt. Nur noch drei Plätze sind auf dem Friedhof des kleinen italienischen Städtchens Travento frei und Marcello (Jean Reno) hat seiner schwerkranken Frau Rosanna (Mercedes Ruehl) versprochen, daß sie hier neben ihrer vor einigen Jahren verstorben Tochter begraben wird. Schutzengelgleich versucht er den Tod aus der Stadt zu verbannen, besucht die Schwerkranken im Hospital, spendet Blut, regelt den Verkehr, um tödliche Unfälle zu verhindern. Diese Taktik macht ihn nicht nur zum Gespött des Ortes, sondern bringt ihn selbst täglich näher heran an ein Herzinfarkt. Dabei könnte alles so einfach sein, wenn der alte Capestro (Luigi Diberti) sich nicht weigern würde, sein Grundstück neben dem Friedhof zu verkaufen. Die Dinge werden verwickelter, als Mafiageld ins Spiel kommt. Eine Leiche muß in der heimischen Gefriertruhe kaltgestellt werden und wird später mit Kaminfeuer, Heizstrahlern und Fön wieder aufgetaut. Der Kampf ums Grab nimmt immer absurdere Formen an.
Um die skurrile Grundidee spinnt der britische Regisseur Paul Weiland, der es mit seiner Fernsehserie Mr. Bean zu bescheidenem Weltruhm gebracht hat, vor italienischem Ambiente eine romantische Komödie, die das Ideal der Liebe bis in den Tod augenzwinkernd überzeichnet. Jean Reno, der Killer aus "Leon-der Profi", verwandelt sich in einen liebevollen, ein wenig vertrottelten Ehemann. Aus dem Totmacher wird ein manischer Lebensretter, und das verlebte Gesicht des Jean Reno verliert hier sein kriminelles Potential.
Rosanna's letzter Wille ist ein internationales Zwitterprodukt. Von einem britischen Regisseur in Italien mit amerikanischem Geld produziert, scheint der Film von allem etwas zu haben. Die turbulente italienische Provinzkomödie wird durch Hollywood-Sentiment gebändigt und mit ein wenig schwarzem britischen Humor garniert. In der Originalfassung sprechen die Akteure Englisch mit einem sorgfältig trainierten italienischen Akzent. Die kosmopolitische Mischung dieses ebenso harmlosen wie vergnüglichen Filmchens ist gelungen und kann sich mit Il Postino , in dessen Kielwasser Paul Weilands Film offensichtlich zu segeln versucht, durchaus messen.

Martin Schwickert