RUFMORD

Last Woman Standing

Hatte Al Gore Gruppensex?

Gedreht wurde der Film, als Clintons Zigarre noch in aller Munde war. Deshalb wohl hält hier Jeff Bridges als Genießer-Präsident auch stets eine Cohiba weltmännlich ins Bild oder bestellt selbst bei wichtigsten Staatsgeschäften einen Imbiss. Und wenn einmal der Lieblings-Käse fürs Sandwich aus ist, scheint ihn das mehr zu bewegen als das politische Hickhack um die Besetzung des vakanten Vize-Präsidenten-Postens. Trotzdem: eine Art Schröder mit Inhalten.
Geschnitten, verschoben und gerüchteweise umgeschnitten wurde der Film, als Gary Oldman sich beklagte, von den linken Demokraten Hollywoods als Kenneth Star-Monster porträtiert worden zu sein. Wo er doch nur den republikanischen Kongress-Ausschuss-Vorsitzenden gab, der die Vizepräsidenten-Nominierung mit einer Schmutzkampagne hintertrieb; pardon: mit einem Appell an Sitte und Moral, als Fotos im Internet auftauchten, die den Kandidaten beim Gruppensex zu College-Zeiten zeigen. Angeblich. Mitten dazwischen steht Christian Slater als Abgeordneter, probt im Weißen Haus schon mal Regierungsposen vor Kennedy- und Truman-Porträts, wird von beiden Seiten intrigant instrumentalisiert und munitioniert, immer aus vollstem Herzen, erst die andere, dann die eine Seite. Kompliziert. Noch komplizierter: der Kandidat ist eine Frau, Joan Allen. Die hat gerade Geschlechtsverkehr, als der Präsident anruft; zwar mit ihrem Ehemann, aber wollen wir so eine als Stellvertreterin des Oberbefehlshabers haben? Außerdem ist sie für Abtreibung, joggt auf dem Militärfriedhof Arlington und will über ihre Vergangenheit nichts sagen. Privatleben gehöre nicht in die Politik, ist ihre Botschaft. Sie weigert sich, mit Schmutz zurück zu werfen, und ist doch gerade in ihrer Aufrichtigkeit ein Spielball der Hinterzimmer-Mächte.
Da ist Rufmord am wirksamsten: wenn Kerls sich gegenseitig einen rein würgen, aus reinem Kalkül, und zur Not eben eine Frau. Oder mehrere: denn hinter dem etwas zu politisch korrekten Gleichstellungs-Drama der Front-Frau sind es hauptsächlich Frauen, die den Männern vor ihnen die Waffen reichen, die Argumente aufbereiten, mit kitschigen Reden ans Herz greifen. Linkspatriotismus ohne Schwanz würden Republikaner wohl dazu sagen. Schon das macht Rufmord wichtig, über seine vielen Schwächen hinaus: dass er in den nächsten Jahren unter Bush wohl kaum noch mal gedreht werden könnte.

WING

USA/GB/D 2000, 127 Min., R & B: Ron Lurie, K: Denis Maloney, D: Gary Oldman, Joan Allen, Jeff Bridges, Sam Elliott, Christian Slater, William Peterson