SAG KEIN WORT

Die Entführer lassen grüßen

Mike Douglas hat schon wieder Krise

Dr. Nathan Conrad (Michael Douglas) ist ein erfolgreicher Psychiater in Manhattan und hat alles, was ein Filmheld nach Ansicht amerikanischer Drehbuch-Routiniers zum Glück braucht: fettes Auto, schicke Wohnung, klasse Gattin, süße Tochter. Letztere wird an Thanksgiving von unguten Zeitgenossen entführt. Die Kidnapper wollen jedoch kein Lösegeld, sondern eine sechsstellige Zahl, die zu einem Millionenrubin führen soll und komplizierterweise tief im Hirn einer traumatisierten Anstaltspatientin vergraben ist.
Die Entführer und gelernten Panzerknacker haben nicht nur ein etwas technisches Verständnis von der menschlichen Psyche, sondern beweisen auch ausgeprägten Sportsgeist mit einem knallharten Ultimatum. Bis 17 Uhr muss Nathan die Information heraustherapiert haben. Michael Douglas reitet aus in die feindliche Welt und lässt die durch einen Mehrfachbeinbruch wehrlos ans Bett gefesselte Ehefrau (Famke Janssen) zurück, die von den Verbrechern mit vorab installierten Webcams heimtückisch überwacht wird. Aber auch für den Top-Psychiater bleibt der Eingang in die verängstigte Seele der Patientin zunächst verschlossen. Erst als er Elisabeth (Brittany Murphy) die Wahrheit offenbart, ist sie bereit, ihm zu helfen. Gemeinsam brechen sie aus der Anstalt aus, um den Dunkelmännern das Handwerk zu legen.
Sag kein Wort ist ein Film, der allein vom Tempo lebt. Ein wenig langsamer abgespielt und an ein paar Stellen vor- und zurückgespult würde er im Auge des Betrachters einen grausamen Tod sterben. Im Bausteinverfahren wurde die Handlung zusammengesetzt und schnell mit ein paar Brainstorming-Ideen aus dem letzten Skriptworkshop aufgepeppt. Da wird Famke Janssen in ein Gipsbein gesteckt, um die Ehefrau noch hilfloser erscheinen zu lassen und eine Mordkommissarin (Jennifer Esposito) wird völlig unmotiviert ins Rennen geschickt, damit ein wenig Leichenschauer ins Geschehen kommt. Das eigentliche Kapital des Stoffes - das therapeutische Duell zwischen Psychiater und Patientin - verschenkt der Film viel zu früh an blinden Aktionismus. Wieder einmal spielt Michael Douglas das in die Krise geratene Mannsbild, das durch Überforderung zu neuem Heldenmut findet. Wenn Douglas seinen Jetzt-reicht-es-aber-Blick aufsetzt, weiß sein Publikum, dass der Mann durch nichts mehr zu aufzuhalten ist.

Martin Schwickert

Dont Say a Word USA 2001 R: Gary Fleder B: Anthony Peckham, Patrick Smith Kelly K: Amir Mokri D: Michael Douglas, Sean Bean, Famke Janssen