SANCTUM

Der Abgrund

James Cameron lässt sein 3D-Equipment im Regen stehen

Es fängt an wie Jurassic Park und geht ganz schnell unter wie The Descent im Ausguss. Ein Hubschrauber fliegt das genre-übliche Charakter-Häuflein (Großmaul Bunny und rebellisches Söhnchen) zu einem hübsch gelegenen Expeditionsort. Irgendwo in Neuguinea klafft ein riesiges Loch in der Erde. An dessen Grund geht es noch tiefer in die Erde, und bisher ist noch kein Mensch ans Ende dieses halb unter Wasser stehenden Höhlenlabyrinths gelangt. Und bis dahin ist es beinahe die schiere Realität.

Jetzt aber hocken einige Extrem-Tauch-Kletterer im tiefen Basislager und warten auf ihren Sponsor. Der ruiniert mit einem Skydive in das Dschungelloch sogleich jede Glaubwürdigkeit. Derweil rammt tief unten der bärbeißige Forschervater des Söhnchens von oben seine Klempner-Persönlichkeit in den Fels. Man ahnt auch schon die ersten Charakter-Konflikte aus dem Baukasten, man lernt ein paar Basics über Höhlenklettern und Unterwassseratmen, und schon ist die erste Nebenfigur tot.

Viele werden folgen, das ist in dieser Sorte Filmen immer so. Aber normalerweise sagen die vorher nicht Sachen wie "Ich ziehe doch nicht den Tauchanzug einer Toten an".

Etepetete geht hier gar nicht. Zumal bald an der Oberfläche ein Unwetter losbricht und die auf verschiedenen Etagen der Höhle herumkraxelnden Forscher heftig in den Regen kommen. Am schlimmsten ergeht es denen ganz unten. Ihnen wird der Rückweg abgeschnitten und sie müssen sich mit flackernden Lampen und langsam durchdrehenden Gehirnen durch unerforschte Gänge schlängeln, um einen zweiten Ausstieg zu finden, dahin, wo alle Wasser abfließen.

Herzlos, aber fachlich korrekt, befiehlt der Expeditionsleiter beim Rauskriechen den schwächsten Anfänger ganz nach hinten in die Schlange, damit der, wenn er Panik kriegt und sich verklemmt, niemanden blockiert. Der kalte Heroismus wirkt aber bloß wie eine Parodie. Sanctum bringt die Feier der Professionalität, das Staunen über die Wunderwelt im Mittelpunkt der Erde und den noch viel erstaunlicheren engräumigen Einsatz der 3D-Kameras, die Cameron für Avatar entwickelte, leider nicht zusammen mit einer interessanten Geschichte. Dass Co-Autor Andrew Wight so etwas ähnliches schon mal überlebt hat, ist keine Entschuldigung, dass er Cameron wohl am Boden einer Bar kennen lernte, vielleicht eine Erklärung. Oder dass Cameron Avatar 2 unter Wasser drehen will und vorher erst mal ein paar Anfänger einen Tech-Test drehen ließ.

Wing

USA/AUS 2011 R: Alister Grierson B: Andrew Wight, John Garvin K: Jules O'Loughlin D: Richard Roxburgh, Rhys Wakefield, Ioan Gruffudd, Alice Parkinson