Savages

Don't fuck with Wal-Mart

Oliver Stones Drogenthriller ist eine meisterhafte Kapitalismus-Satire

Chon und Ben sind die coolsten Haschisch-Anbieter der Westküste. Das Saatgut beziehen sie aus Afghanistan, und ihre Angestellten hegen und pflegen die Pflanzen, die einen THC-Wert von über 30 Prozent erreichen, was ihren Stoff zu einer echten Granate macht.

Chon und Ben leben mit "O" zusammen, einer reichen und verwöhnten Blondine, die beide gleichermaß liebt und die beide gleichermaßen lieben. Frei von Geldsorgen und geschützt vor der Polizei (dafür schmieren sie einen FBI-Agenten) leben die drei ihr Leben in Kalifornien auf der Sonnenseite des Lebens.

Eines Tages jedoch steht das mexikanische Kartell vor der Tür und bittet höflich darum, mit 20% an diesem lukrativen Geschäft beteiligt zu sein. John Travolta als korrupter FBI-Agent rät Chon und Ben dringend, das Angebot anzunehmen: "Ihr seid kleine Einzelhändler, und das da ist Wal-Mart. Man legt sich nicht mit Wal-Mart an!"

Das mexikanische Kartell, angeführt von Selma Hayek, steht selbst unter Druck, weil die Konkurrenz auch in Mexiko hart ist. Wie hart, das sehen Chon und Ben gleich zu beginn, als ihnen ein Video auf den Laptop gespielt wird, auf dem jede Menge geköpfter Männer in einem dunklen Keller zu sehen sind. "Sie waren dumm. Seid schlau!" ist der Kommentar-Text dazu, der sie motivieren soll, das Angebot des Kartells anzunehmen.

Natürlich kommt alles irgendwie so, wie es in solchen Geschichten kommt: Die Nerds stellen sich gegen die Killer-Profis (einer ihrer besten: der absolut dämonisch dämliche Benicio Del Toro), wir sehen Intrigen und Killerkommandos, hören die Schreie von Gefolterten und sehen, dass auch Drogenbosse zu gepflegten Dinners einladen, und dass eine höhere Tochter, wenn man sie in einen Keller einsperrt, vergewaltigt und wochenlang festhält, sich vor allem über das ungesunde Essen beschwert: "Immer nur Pizza! Kann ich nicht auch mal einen Salat haben?!"

In Oliver Stones Verfilmung eines Don Winslow-Romans geht es albern und brutal zu. Zu keinem Moment wird hier etwas anderes verteidigt als Besitz, Einfluss, Geld. In aller Sachlichkeit ordnet Salma Hayek zwischen Zähneputzen und Fußmassage grauenvolle Exekutionen an, und wenn mal etwas schief geht, zieht sie ihren Angestellten einfach mal eben 3 Millionen Dollar vom Gehalt ab.

"They are savages", sagt der Killer Benicio Del Toro über Ben und Chon, weil sie die gleiche Frau lieben. "They are savages", sagen Ben und Chon über die Kartell-Mannschaft, in der jeder Mord gerechtfertigt ist, wenn es darum geht, Marktanteile zu verteidigen. Dass die coolen Strandhippies erst so werden müssen wie ihre Gegner, um sie wirkungsvoll bekämpfen zu können, ist die eigentliche tragische Geschichte des Films. Aber Stone und Winslow sind zu sehr Zyniker, um Mitleid mit irgendeiner Figur in ihrer Geschichte zu haben.Savages ist als Thriller spannend, als Satire zum Brüllen komisch und am Ende erschreckend realistisch, gerade weil das Ende so grotesk ist. Während Stone bei den Hauptdarstellern vor allem auf schöne Menschen setzt (Blake "Gossip Girl" Lively, Taylor "John Carter" Kitsch und Aaron Taylor-Johnson sind vor allem optisch als Traumtrio überzeugend), sind die Nebenrollen mit Selma Hayek, Benicio Del Toro und John Travolta brillant besetzt. Die drei als Drogenchefin, Killer und FBI-Agent bilden das eigentliche System. Dass keiner von ihnen ernst zu nehmen ist, macht sie nicht weniger gefährlich.

Thomas Friedrich

USA 2012 R: Oliver Stone B: Shane Salerno, Don Winslow, Oliver Stone. K: Daniel Mindel D: Blake Lively, Taylor Kitsch, Aaron Taylor-Johnson, Benicio Del Toro, John Travolta