»DER SCHAKAL«

Haare im Salat

Bruce Willis läuft einen Toupet-Thriller über den bösen Onkel zu Tode

Der Standard-Verriß geht so: Fred Zinnemann drehte vor 25 Jahren einen Klassiker, Michael Caton-Jones verbrach heute ein Remake davon - erschießt ihn. Die Standard-PR geht so: Richard Gere und Bruce Willis spielen gegen ihr Image an - und verkörpern zwei Seiten desselben moralischen Dilemmas, weil es einen Terroristen braucht, um einen Killer zu fangen. Beides ist Blödsinn.
Der Schakal wäre besser, wenn er wirklich ein Remake geworden wäre - und Rich und Bruce spielen Moral und Action auf einmal in Klump, weil es mehr als ein paar Perücken braucht, um einen Todesengel zur Kenntlichkeit zu maskieren. Und viel mehr als etwas Augenzucken, um wenigstens in bißchen Mitgefühl fürs Personal zu kriegen. Der Schakal ist so tot, den fressen nichtmal mehr Hyänen.
Obwohl: er hat seine Momente. Den Vorspann zum Beispiel, der zu dröhnender Soundcollage und unter einer von Sieben geklauten Zuck-Titelei die UDSSR in 75 Sekunden in Trümmer legt. Dann fängt die Katastrophe an. Ein Kombi-Team aus FBI und russischer Sicherheit verhaftet einen Russenmafioso mit Todesfolge. Dessen Pate erklärt darauf allen Bullenschweinen den Weltkrieg - und engagiert den smart und geheimnisvoll tuenden Schakal für ein Super-Attentat auf ein ganz großes Ziel. Auftritt Bruce Willis als Doppelnull ohne Skrupel. Und ohne Stil. Im schnieken Anzug bestellt er gescheit gescheitelt seine Ultra-Wumme am sprachgesteuerten Computer, im bierfleckigen T-Shirt unterm Minipli überm Stopfbauch schmuggelt er sich durch den Zoll, mit Rauhhaar-Fiffi zur Kampfjacke schießt er seinen Miet-Q testhalber in Fetzen, im gelben Sakko und mit Tolle macht er als Deckung einen Washington-Yuppie in der Schwulenbar an ... Bruce und die pubertären Jungs im Publikum haben sichtlich Spaß an derlei Coiffeur-Kasperei, aber professionell ist das nicht.
Auf der Gegenseite verbündet sich das noble FBI (in Form von Sidney Poitier, forever Tibbs) mit einer sowjetischen Majorin (in Hosen, mit krummer Dauer-Zigarette und unerklärter Gesichtsnarbe als Seelenersatz: Diane Venora, ziemlich gut) - und beide holen Richard Gere aus dem Knast, der irgendwie den Schakal von früher kennt. Und irgendwie alle auf seien Spur bringt. Und irgendwie den gejagten Jäger dazu bringen soll, trotz drohender Enttarnung weiterzumachen. Weil sonst der Film zu schnell aus wäre.
Wie er trotzdem auf Länge kommt, erklärt sich leicht damit, daß der Drehbuchhautor (Chuck Pfarrer, vergessen Sie diesen Namen) früher mal Elite-Soldat und Terroristenjäger war: unglaubwürdiger, dümmer, dünner, abschlußschwächer könnte kein Zivilist seinen Einkaufsbummel planen - und nichtmal zynische Gewaltorgien entschädigen für den entgangenen Thrill. Ganze zwei Autos explodieren, nur eine gute Figur wird herzlos ausradiert ... der Regisseur ( Rob Roy, Doc Hollywood ) hat einfach kein Händchen für sozialethische Desorientierung, der Co-Autor (Kevin Vertrauter Feind Jarre) kennt psycho- und logische Komplikationen wohl nur vom Friseurbesuch ... und der technisch versierte Kamermann Karl Lindenlaub (mit Roland Emmerich nach Amerika gegangen) wird sich die Haare gerauft haben, als er Bruce Willis' Besuch in einem Internet-Café fotografieren mußte: "Kann ich mit diesem Computer online gehen?". Besser nicht.

WING