»SCHLARAFFENLAND«

Krach im Kaufhaus

Ein deutscher Schablonen-Thriller

Ungeschminkt und schonungslos porträtiert Friedemann Fromm das Lebensgefühl der jungen Generation." Dieser Satz findet sich im Pressetext zu Schlaraffenland . Was die Zuschauer erwarten dürfen, ist also ein hingerotztes Doku-Drama zwischen Love-Parade und Zukunftsangst, zwischen "Viva" und Playstation. Was der Zuschauer letzlich bekommt, steht auf einem völlig anderen Bogen. Die junge Generation, die Friedemann porträtiert, befindet sich sowohl auf dem sozialen Abstellgleis als auch auf drogeninfiltrierten Höhenflügen - also auf wenig repräsentativen Boden.
Die Devise der Gang um den wuscheligen Laser (Ken Duken) heisst Klauen. Der notorische Schulschwänzer stellt eine Leitfigur der Underdogs dar, einen Verbrecher mit Ehre eben. Strassenbildung ist für Drehbuchschreiber Christian Fromm Herzensbildung.
Tummelplatz der herzigen Knacker ist ein riesiges Einkaufszentrum vor den Toren Kölns. Als Laser belauscht, dass die externen Sicherheitssysteme ausgefallen sind, lädt er seine debilen Jugendsprachvertreter zum sorgenfreien Konsumrausch ein. Die Nacht der Nächte soll es werden, die Vereinnahmung aller bunten Musikclips und darin vorhandener Drogen.
Konsumtempel aber können der wahre Albtraum sein. Laser und Co. erfahren das, als eine vierköpfige Sicherheitsmannschaft anrückt. Mannschaftsführer Popp (Heiner Lauterbach) sieht in der Ausnahmesituation die Chance, an das grosse Geld zu kommen und die unschuldig Schuldigen mitzuliefern. Aus einem "Kevin allein im Kaufhaus"-Abenteuer entwickelt sich eine kugelgeladene Hatz. Und hier beginnt Schlaraffenland spannend zu werden. Ständig verändern sich die Konstellationen von Jäger und Gejagten, weichen die Fronten zwischen Gegnern auf oder verhärten sich. In der Jugendgruppe erwacht ein mörderischer Trieb, nachdem ein Mädchen durch einen Umfall ums Leben kommt. Das Quartett des Sicherheitsdienstes entzweit sich, da mit Franka Potente und Jürgen Tarrach zwei entschieden nette Gesetzeshüter herumlaufen.
So viel Action steigert sich zum Ende zwangsläufig ins Unglaubliche. Fromm weiss das amerikanische Modell auf der grünen deutschen Wiese mit handwerklicher Geschicklichkeit umzusetzen. Allein die Figuren wirken hölzern und schablonenhaft. Lauterbach hat als zynisch-durchtriebener Popp noch den meisten und überzeugendsten Text aufzusagen. Potente muss angesichts fehlender Dialoge als Provinz-Lara-Croft herhalten.
Agierte die junge Generation wie in Schlaraffenland , müssten wir mit einer drastischen Dezimierung selbiger rechnen. Wer bezahlt dann unsere Renten?

Ulf Lippitz