SCHWERKRAFT

Mit steigender Wut

Ein Mann hat genug vom geordneten Leben und beginnt, Banken zu überfallen. Ein deutscher Debutfilm

Wird das jetzt eine Mondlandung, oder was?" scherzt der Banker noch, als der Kunde seinen Countdown herunter zu zählen beginnt. Dann zieht der Mann, dem soeben der Kredit und damit seine finanzielle Existenz aufgekündigt wurden, die Pistole und schießt sich eine Kugel in den Kopf.

Nach dem Vorfall gerät das Dasein des zynischen Sparkassenangestellten Frederik Feinermann (Fabian Hinrichs) aus dem Lot. Aber nicht das soziale Gewissen meldet sich, sondern die Sehnsucht nach einem anderen, wilderen Leben jenseits abgesicherter Karrierepläne.

Beim CD-Klau im Mediamarkt trifft er seinen früheren Kumpel Vince (Jürgen Vogel) wieder, dessen Lebenslauf sich weniger geradlinig gestaltete als der des braven Bankangestellten.

Vince war im Knast, schlägt sich mit Gelegenheitsjobs durch und hat eigentlich dem kriminellen Gelderwerb abgeschworen. Aber als Frederik beginnt, die Häuser der gut betuchten Sparkassen-Kundschaft auszurauben, steigt Vince als praktischer Unternehmensberater in das illegale Geschäft ein.

Was für den Ex-Knacki nur der Weg zum schnellen Geld ist, wird für den kriselnden Banker zum immer gewalttätigeren Selbsterfahrungstrip. Durch den kriminellen Extremsport steigt das Selbstbewusstsein des vereinsamten Angestellten, und so nimmt Frederik wieder Kontakt zu seiner früheren Freundin Nadine (Nora von Waldstätten) auf, die er seit Jahren heimlich beobachtet und fotografiert hat.

In seinem Spielfilmdebüt zeigt Maximilian Erlenwein einen Mittdreißiger, der mit steigender Wut sein geordnetes Leben ins Chaos stürzt. Fabian Hinrichs spielt den durchgeknallten Banker als schwankenden Tänzer am Abgrund. Ganz dicht liegen hier männliche Allmachts- und Abenteuerfantasien neben den Symptomen von tiefer Vereinsamung und fundamentaler Verunsicherung.

Im Gewand eines Kumpelfilmes erzählt Erlenwein von der Krise der Mittdreißiger, die im geradlinigen Karriereverlauf ins Schleudern geraten. Dabei entwickelt Schwerkraft als Tragikomödie anarchistischen Charme und psychologischen Tiefgang, auch wenn das Männerfreundschaftsgehabe gelegentlich übersteuert wird.

Martin Schwickert

D 2009 R&B: Maximilian Erlenwein K: Ngo The Chau D: Fabian Hinrichs, Jürgen Vogel, Nora von Waldstätten