»SCREAM 3«

Der Double- Mörder

Das Schreien hat jetzt endlich ein Ende


Scream 2 und Scream

Versierte Horrorfilm-Konsumenten haben ein schaurig distanziertes Verhältnis zum Produkt der Begierde und einem ironischen Umgang mit dem filmischen Schrecken entwickelt. Wes Cravens Scream - der erste Teil - hatte dieses Zuschauerverhalten mit in die Filmhandlung eingebaut, das heißt die Ironie von der Couch auf die Leinwand geholt. Damit wurden die Horror-Illusionen zwar entscheidend beschnitten, aber ein weites, unterhaltsames Feld von Insider-Witzen und Selbstzitaten eröffnet. Im ersten Teil wüteten die Mörder in der Kleinstadt Woodsboro mit profundem Genre-Wissen. Im zweiten Teil ging ein Nachahmungstäter ans Werk, während sich die Opfer im Kino die Verfilmung der Ereignisse der ersten Folge anschauten. Im dritten und letzten Teil dreht Wes Craven die Schraube der Selbstreferenz nun noch ein Stück weiter. Am Filmset von "Stab 3", wo der Horror von Woodsboro schon zum dritten Mal verfilmt wird, hat die Realität die Fiktion schon längst eingeholt. Ein Konzept-Killer hat sich des Skripts bemächtigt und dezimiert das Ensemble entlang der Drehbuchvorschriften.
Die wenigen Überlebenden der ersten beiden "Scream"-Folgen sind wieder mit von der Partie. Hilfspolizist Dewey (David Arquette) ist mittlerweile zum technischen Berater in Hollywood aufgestiegen, und die skrupellose TV-Journalistin Gale Weathers (Courteney Cox Arquette) wittert erneut eine Sensationsstory. Schließlich stößt die traumatisierte Sid (Neve Campbell) noch dazu, um ihr Fachwissen der Serienkillerbekämpfung zur Verfügung zu stellen. Die drei Überlebenden sehen sich am Set mit ihren Filmdoubles konfrontiert.
Ob der Mörder nun Original oder Fälschung bevorzugt und an welche der drei verschiedenen Drehbuchfassungen er sich hält, sind zentrale Fragen, die schon bald mit dem Schlitzemesser geklärt werden. Ansonsten ist auch in dieser Folge alles beim alten. Der Killer meldet seine Ankunft weiterhin telefonisch an, die Opfer begeben sich zielstrebig allein in dunkle Gefahrensituationen, und die Frauen laufen immer noch die Treppe hoch anstatt zur Ausgangstür. Die Verfolgungsjagden werden im labyrinthischen Filmset ausgetragen, was durch falsche Türen und brüchige Treppen neue Fluchtvarianten eröffnet. Das Finale ist im Haus eines Filmproduzenten angesiedelt, wo anhand zahlloser Horrorsouveniers die ganze Genregeschichte noch einmal Revue passiert.
Alles in allem ist Scream 3 ein würdiger, wenn auch überfälliger Abschluss der Trilogie, der sich mehr den selbstironischen Spielereien als dem kalten Grauen verpflichtet fühlt. Das "Scream"-Konzept hat sich längst überlebt, denn wie der Erfolg von The Blair Witch Project zeigt, hungert die Fangemeinde wieder nach ungebrochen authentischem Schrecken.

Martin Schwickert