Der Seidenfächer

Beste Freundinnen

Die Verfilmung des Bestsellers übernimmt sich ein bisschen

Die junge Managerin Nina steht vor einem wichtigen Karriereschritt. Ihr Chef hat sie ausgewählt, zusammen mit einem Kollegen eine Filiale in New York zu leiten. Kurz vor der Abreise erfährt sie, dass ihre beste Freundin Sophia einen Unfall hatte, bei dem sie schwer verletzt wurde. Nina eilt zu ihrer im Koma liegenden Freundin und sagt die geplante Reise nach Amerika ab. Sie macht sich Vorwürfe, denn die beiden einst Unzertrennlichen haben sich auseinandergelebt und vor ein paar Monaten gar im Streit getrennt.

Nina findet ein Manuskript, Sophia hat anscheinend an einem historischen Roman über eine ihrer Vorfahrinnen gearbeitet. Die hieß Snow Flower und lebte im 19. Jahrhundert. In Lily, die aus einer niedrigeren sozialen Schicht stammt, hatte sie seit Kindheit an eine Loatong, eine Schwurschwester. Das enge Band der beiden beruhte nicht nur darauf, dass beide den Brauch des Füßebindens über sich ergehen lassen mussten, um ein traditionelles Schönheitsideal zu erfülle. Auch nachdem sie verheiratet wurden hatte es Bestand. Mittels eines Fächers, auf dessen Falten sie geheime Botschaften schrieben, blieben sie in Kontakt.

Regisseur Wayne Wang (Smoke, Mr. Shi und der Gesang der Zikaden) ist Fachmann für gefühlvolle und zuweilen kitschige Dramen, schöne Bilder und modernes chinesisches Leben. Den Anforderungen des modernen Arbeitslebens stellt Wang die gesellschaftlichen Zwänge des 19. Jahrhunderts gegenüber. Symbol dafür ist das schmerzhafte Ritual des Füßebindens, bei dem die Frauenfüße verkrüppelt wurden und normales Gehen unmöglich war.

Wang gelingen starke Bilder. In einer Einstellung sieht man eine riesige Baustelle in deren Mitte nur noch Sophias Elternhaus steht. Die Nachbarhäuser sind bereits den überall in den Himmel wachsenden modernen Hochhäusern gewichen. Die Veränderung der Stadt steht so auch für den Wandel in Ninas und Sophias Beziehung.

Insgesamt stirbt Der Seidenfächer in Schönheit. Wang gelingt es nicht, die einzelnen Teile zu einem Ganzen zu fügen oder eine auch nur ansatzweise spannende Geschichte zu erzählen. Der andauernde Wechsel der Zeitebene lässt den Film in Episoden zerfallen. Die im Roman so nicht vorkommende Handlung im 21. Jahrhundert erdrückt die historische, die eigentlich die interessantere ist. Vieles an der Beziehung der Frauen bleibt bloße Behauptung und oberflächlich. Und das Erlöschen einer Freundschaft ist zwar bedauerlich, letztlich aber auch völlig banal.

Olaf Kieser

Snow Fox and the Secret Fan China/USA 2011 R: Wayne Wang B: Angela Workman, Ronald Bass, Michael Ray K: Richard Wong D: Bingbing Li, Gianna Jun, Vivian Wu, Hugh Jackman