SIGNS - ZEICHEN


Ein Gott im Kornfeld

M. Night Shyamalan lässt einen Pfarrer illegale Einwanderer erschlagen

Er hat es so vermutlich nicht gemeint, aber weil signs der erste amerikanische Film nach dem 11.9.01 ist (Drehbeginn war am 13.9.), wirkt es doch so. Auf den ersten Blick. Und wenn es, wie im Hinduismus und in Shyamalans Filmen bisher, keine Zufälle gibt - sondern alles ein Zeichen himmlischer Fügung ist - dann braucht es für den Kampf gegen den Terror wohl Baseballschläger und Bäffchen.
Seinen Priesterkragen hat Mel Gibson hadernd hingeworfen, nachdem seine Frau bei einem Autounfall starb. Der Unfallfahrer ist Shyamalan persönlich, der als Schauspieler am Steuer für Sekunden einschlief. Als Regisseur passiert ihm das nicht. Im inzwischen typischen Shyamalan-Stil inszeniert er lauter Nebensachen, die eine latente Beunruhigung erzeugen, und am Ende, ein bisschen mechanisch, alle "sinnvoll" zur Lösung beitragen. Dass die dann bloss noch die "Bedeutung" eines sauber umgefallenen Domino-Rekords hat ... egal, der Weg ist das Ziel. Und die Umwege sind das Vergnügen.
Eines morgens entdeckt der trauernde Witwer einen Kornkreis auf seiner Mais-Farm. Seine Kinder und Hunde benehmen sich sogleich seltsam, angerührt vom Übernatürlichen; nur der verhärmte Vater bleibt verstockt: "Da draussen ist nichts, wir sind ganz allein."
Übers Fernsehen und später das Radio dringen Schreckensnachrichten ins abgelegene Farmhaus: Tiere werden bissig, Menschen rasten aus, Kornkreise entstehen überall, UFOs erscheinen weltweit - aber Mel Gibson und seine Rest-Familie (neben den beeindruckenden Kindern Rory Culkin und Abigail Breslin noch ein etwas tumber Bruder, Joaquin Phoenix) kapseln sich ab, nageln die Fenster zu, verbarrikadieren sich schliesslisch im Keller. Und immer, wenn es spannend wird, geht das Licht aus.
Das ist Shyamalans neuer Trick: nicht nur bedeutet alles etwas, sondern auch: wir sehen nichts. Was raschelt da im Mais? Wer wispert im Babyphon? Wo bleiben eigentlich die Kornkreisexperten, die der Film-Verleih scharenweise auf Promotion-Tour schickt? Und warum soll das Ende der Welt, wie wir sie kennen, nicht einfach mal mit einem Testbild illustriert werden? Es wirkt. Die Gänsehaut wächst.
Jetzt sind wir irgendwo zwischen Die Vögel, War of the Worlds und Das letzte Ufer. Mit etwas zusätzlicher Verstörung, weil nämlich Shyamalan zum ersten Mal in Wort und Bild richtigen Humor entfaltet, ohne die Not damit lächerlich zu machen. Mal sitzen die Kinder mit albernen Alu-Folien-Käppis herum ("damit die Außerirdischen unsere Gedanken nicht lesen"), mal stapelt der panische Bruder auf eine Zementsack-Barriere gegen die Eindringlinge noch eine Dose Bohnen. Anrührend komisch.
Aber leider geht es gut aus. Und leider wird die Fabel vom Independence Day auf dem Dorfe dann zu einer klappernden Gebetsmühle: Shyamalan fährt derart viel offensichtlich präzises Handwerk auf, dass die damit erzeugte Botschaft "jedes Teilchen passt ins Puzzle" einfach zu dünn erscheint. Und die ganze eigentlich gemeinte Spiritualität wie eine Seifenblase platzt, weil wir, und die Menschen im Film, schliesslich erkennen, wie alles zusammenhängt. Das Asthma des Sohnes, der Tochter Angst vor Gift im Wasser, die Vergangenheit als Baseballversager beim Bruder ...
Das wirkliche Drama käme aber erst danach: wenn der Regisseur nicht die Frau seines Hauptdarstellers totgefahren hätte, wäre der nicht auf den Dreh gekommen, den Alien zu besiegen. Wenn das Gottes Plan war, würde ihm ein echter Anti-Hiob den Glauben endgültig aufkündigen. Statt sich zum Patriot mit weissem Kragen zurück zu entwicklen.

WING
USA 2002. 106 Min. R+B+P: M. Night Shyamalan, K: Tak Fujimoto, D: Mel Gibson, Joaquin Phoenix, Rory Culkin, Abigail Breslin