»SMOKE SIGNALS«

Indianer unterwegs

Der erste rein "native" produzierte Spielfilm

Bei der Community-Quotierung des US-Kinos sind die amerikanischen Ureinwohner bisher nahezu leer ausgegangen. In der jüngeren Kinogeschichte waren Indianer allenfalls Nebenfiguren, die Mystik und Naturverbundenheit verkörperten, um auf die zivilisationsgeschädigte Existenz der Weißen hinzuweisen. Mit Smoke Signals kommt nun der erste ausschließlich "native" produzierte Film auf die Leinwand, und wer hier wütende historische Abrechnungen erwartet, wird enttäuscht werden. Regisseur Chris Eyre erzählt in seinem Spielfilmdebüt eine ganz normale amerikanische Geschichte von Freundschaft zwischen gegensätzlichen Charakteren, von verlorenen Vätern und suchenden Söhnen, von Vergebung und Selbstfindung.
Smoke Signals wählt dafür die klassische Form des Road-Movies. Ausgangs- und Endpunkt ist das Reservat der Coeur d'Alene-Indianer im verregeneten Idaho. Hier lebt Victor Joseph (Adam Beach) alleine mit seiner Mutter. Als er zwölf war, hat der alkoholsüchtige Vater die Familie verlassen, und auch heute als junger Erwachsener spricht Victor nicht gerne über seinen Dad. Als er jedoch die Nachricht bekommt, daß sein Vater allein in Phoenix gestorben ist, beschließt er, wenigstens dessen Asche wieder nach Hause zu holen. Der geschwätzige Thomas Builds-the-Fire (Evan Adams) drängt sich als Reisebegleiter auf, und beide verlassen erstmals die ärmliche, aber angenehm überschaubare Welt des Reservats. Mit jeder Meile, die der Greyhound-Bus zurücklegt, kehrt Victors Erinnerung an den ebenso herzlichen, wie cholerischen Vater zurück. Nur langsam freundet er sich mit dem sonderbaren Thomas an, der ihn mit langatmigen, phantastischen Geschichten zu unterhalten sucht. Am Ende der Reise steht nicht nur der Beginn einer Freundschaft, sondern auch die Vergebung gegenüber dem Vater.
Smoke Signals weigert sich, die Last jahrhundertelanger Unterdrückung indianischer Kultur mit sich herumzutragen, und findet stattdessen einen leichtfüßigen Umgang mit Vorurteilen und Stereotypen. So erklärt Voctor dem verdutzten Thomas anhand von Der mit dem Wolf tanzt , wie ein echter Indianer sich zu benehmen hat: schweigsam und stoisch in die Ferne blicken und dabei so gefährlich aussehen, als habe man gerade einen Büffel erlegt. "Aber meine Vorfahren waren doch Fischer!" entgegnet Thomas ungläubig.
Für den Erfolg dieses modernen Indianerfilms in den USA dürfte jedoch weniger die sanfte Ironie, als vielmehr der versöhnliche Grundton der hollywood-kompatiblen Vater-Sohn-Geschichte entscheidend gewesen sein. Allzu oft ist hier von Vergebung (gegenüber den Vätern) die Rede - ein Tor, wer diesen Begriff in die amerikanische Kolonialgeschichte überträgt. Beim diesjährigen Sundance-Film-Festival jedenfalls erhielt Smoke Signals den ersten Preis.

Martin Schwickert