Spieltrieb

Falsch verführt

Juli Zehs zehn Jahre alter Bestseller im Kinoformat

Wirkliche Liebespaare sollten miteinander spielen" behauptet Alev (Jannik Schümann). Der hellwache Gymnasiast im maßgeschneiderten Anzug vertritt die Ansicht, dass das Leben ein Spiel sei und die Menschen Figuren, die auf dem Feld hin und her bewegt werden.

Statt nur Figur zu sein, will er selbst Spieler werden und Ada (Michelle Barthel) soll ihm dabei helfen. Die 15-jährige Schülerin ist hochintelligent, hat zwei Klassen übersprungen und lässt sich eigentlich nicht so schnell beeindrucken.

Aber Hochbegabte sind immer auf der Suche nach Herausforderungen, und der um drei Jahre ältere Alev, der schon in sieben verschiedenen Ländern zur Schule gegangen ist, hat es geschafft, ihr Interesse zu wecken. Sie willigt ein in den diabolischen Plan, den Sportlehrer Smutek (Maximilian Brückner) zu verführen, während Alev das sexuelle Vergehen des Pädagogen mit der Kamera dokumentiert.

Dabei soll nicht die schnöde Erpressung des Lehrers im Vordergrund stehen, sondern dessen Befreiung von den Fesseln seiner spießbürgerlichen Existenz. Auch als Smutek mit dem gefilmten Material zu weiteren Rendezvous in der Turnhalle gezwungen wird, macht Ada mit, weil sie Alev liebt und sich gleichzeitig den Vorstellungen der romantischen Liebe verweigern will.

Mit Spieltrieb verfilmt Gregor Schnitzler (Die Wolke) den gleichnamigen Roman von Juli Zeh, der 2004 die deutschen Bestsellerlisten anführte. Zeh hat ihren Roman auch als Kritik am Werteverfall in der durchökonomisierten Gesellschaft formuliert, die sich in einer jugendlichen Lebenswelt spiegelt, in der alles zum Spiel wird.

Schnitzler entwickelt ein gutes Gespür für das emotionale Hinterland seiner Figuren, die mit Macht, Manipulation und letztlich auch mit den eigenen Emotionen experimentieren, und überzeugt durch eine konzentrierte Erzählung, die nur selten aus der abgeschirmten Welt der Schule herausführt.

Martin Schwickert

D 2013 R: Gregor Schnitzler B: Kathrin Richter, Jürgen Schlagenhof nach dem gleichnamigen Roman von Juli Zeh K: Andreas Berger D: Michelle Barthel, Jannik Schümann, Maximilian Brückner