SPIELVERDERBER

Die Pfeifen

Ein Dokumentarfilm über Fußball-Schiedsrichter

Es komme schon auf den Anpfiff an, erklärt ein Schiedsrichter-Ausbilder einer herumwuselnden Herde Jungs. Wer da luschig puste, kriege nie sein Spiel in den Griff. Also Power auf die Pfeife und von Anfang an klar machen, wer hier das Sagen hat.

Georg Nonnenmacher und Henning Drechsler jedenfalls nicht. Die beiden schauen lieber nur drei Schiedsrichtern auf dem Platz und im Privatleben zu, zeigen ohne Fragen oder Kommentare wie der 14-jährige Kevin Prösdorf zum ersten Spiel seines Lebens die Uhr vergisst, wie der über 70jährige Oreste Steiner in der Kreisklasse immer noch die Enkel zusammenfaltet oder wie Herbert Fandel eine Karriere als Konzertpianist aufgab um ein berühmter Bundesligaschiedsrichter zu werden und es dann leider doch nicht ins Kader der WM 2006 schafft.

Nur an wenigen Stellen sieht man einen gestalterischen Zugriff oder besondere Bilder der Filmemacher. Mal tosen Schiedsrichterbeschimpfungen über ein leeres Stadion in einer Kleinstadt, mal sitzen Ersatzspieler rauchend auf der Bank, und nie fragt irgendwer irgendwen danach, warum einer Schiedsrichter wird, statt selbst zu spielen.

Nonnenmacher und Drechsler gucken einfach zu. Womöglich ist ihnen das "sich raus halten" als Haltung in den Film gerutscht, weil während der Dreharbeiten der Schiedsrichterskandal um Robert Hoyzer aufkam, den sie unbedingt weglassen wollten.

Es ging ihnen ja nicht um eine journalistische Reportage zu einer bestimmten Zeit, sondern um den Unparteiischen an sich in seinen Erscheinungsbildern als Nachwuchs, Profi und Alter Herr.

Deshalb stört es auch nicht, dass man nach dem Film nicht weiss, wovon Herbert Fandel eigentlich lebt, wenn er nicht gerade pfeift. Oder was aus Kevin wurde, der zwar offensichtlich einen Persönlichkeitsschub an der Pfeife erlebte, aber Schulprobleme hat.

Umgekehrt muss man Fussball nicht mal mögen, um Spielverderber interessant zu finden. 2006 waren die zum Teil von den Regisseuren selbst mit einer Mini-Cam erledigten Dreharbeiten abgeschlossen.

wing

D 2008, R + B: Georg Nonnenmacher, Henning Drechsler