STAR TREK

Junge Widergänger

Der »Alias"- und »Fringe«-Erfinder JJ Abrams soll das Merchandising »Enterprise« retten.

Der Kuss zwischen Kirk und Uhura war damals ein TV-Skandal. Dabei hatten sich die Lippen des weißhäutigen Captains der USS Enterprise und der afroamerikanischen Kommunikationsoffizierin nur kurz, halb verdeckt durch eine dritte Person, berührt - und das, so wollte es die Story, auch noch ferngesteuert und unter Drogen. In den US-Südstaaten des Jahres 1968 reichte das multikulturelle Lippenbekenntnis für ein Ausstrahlungsverbot der Star Trek -Folge aus. Heute, vierzig Jahre später, darf der junge Kirk in J.J. Abrams Relaunch der Kultserie auf der Kinoleinwand der bezaubernden Uhura ganz ungehemmt hinterhersteigen, auch wenn seine verzweifelten Bemühungen wenig Erfolg versprechend wirken.

Sechs Star-Trek-Fernsehserien mit insgesamt 726 Folgen hat es gegeben, dazu zehn Kinofilme. In den letzten Jahren geriet die Enterprise ins Schlingern. Die letzte Kinoversion Nemesis spielte 2002 gerade mal ihre Produktionskosten ein, und die sechste TV-Serie wurde 2005 nach vier Staffeln wegen zu geringer Einschaltquoten eingestellt.

Wenn man den Stoff nicht ganz zu Grabe tragen wollte, musste das Star Trek -Universum einer gründlichen Renovierung unterzogen werden, um neue Publikumsgalaxien zu erobern, ohne die alt eingesessene Fangemeinde mit zuviel Innovationsgebaren vor den Kopf zu stoßen.

Beides gelingt Abrams durch einen kleinen Taschenspielertrick: Er schickt ein feindliches Raumschiff durch ein schwarzes Loch aus der Zukunft in die Vergangenheit, die fortan als veränderbare Gegenwart definiert wird. Mit dem kühnen Sprung durch das Zeitfenster werden die Original-Charaktere wie Kirk, Spock, Scotti & Co einer rasanten Verjüngungskur unterzogen, wird das Vertraute bedient, ohne es zwanghaft wiederholen zu müssen.

In seinen wilden Jugendjahren kompensiert James T. Kirk (Chris Pine) den traumatischen Verlust des Vaters, der während der Geburt des Sohnes im Kampf gegen feindliche Romulaner gefallen ist, mit halsbrecherischen Autorennen und zünftigen Kneipenschlägereien. Schließlich tritt der jugendliche Rebell doch noch in die väterlichen Fußstapfen und schreibt sich bei der Sternenflottenakademie ein, wo er nicht nur um das Herz der schönen Uhura (Zoë Saldana) buhlt, sondern auch auf den Oberstreber Spock (Zachary Quinto) trifft. Der Vulkanier hat seinem Heimatplaneten den Rücken gekehrt, weil er sich von Mitschülern und Vorgesetzten als Halb-Erdling diskriminiert fühlte. Die Ausbildung ist noch nicht abgeschlossen, da schlägt die Föderation Alarm. Der finstere Romulaner Nero (Eric Bana) kommt aus der Zukunft angeritten, um mit modernster Bohrtechnik einen Planeten nach dem anderen in Schwarze Löcher zu stürzen. Für die Raumfahrt-Azubis schlägt die Stunde der Bewährung.

Abrams gelingt die richtige Mischung zwischen Traditionspflege und Modernisierung. Besonders gelungen ist im ersten Viertel die visuelle Verbindung von Realismus und Science Fiction-Setting. Geradezu idyllisch ragen die futuristischen Bauten aus den goldenen Äckern Iowas empor. Die technischen Effekte sind "state of art", ohne dass sich die CGI-Experten zu sehr in den Vordergrund drängen.

Die jungen Widergänger der Enterprise-Crew wirken überraschend glaubwürdig im aufgefrischten Universum. Chris Pine erscheint als angehender Captain zwar ein wenig überdreht, aber Zachary Quinto als Vulkanier ist perfekt besetzt, Zoë Saldana als Uhura eine echte Augenweide, und Anton Yelchin in der Rolle des russischen Navigators Chekov sorgt für den notwendigen Humor. Mit dieser Besatzung lässt es sich noch ein paar Folgen aushalten.

Martin Schwickert

USA 2009 R: J.J.Abrams B: Roberto Orci, Alex Kurtzman K: Daniel Mindel D: Chris Pine, Zachary Quinto, Zoë Saldana