STILL WALKING

Familientag

Ein Sommertag, ein Familientreffen - eine stille japanische Observierung

Die erwachsenen Kinder mit ihren Ehepartnern und ihren eigenen Kindern besuchen die Eltern. Es wird gegessen, erzählt, gelacht, geschwiegen. Jedes Verhältnis ist belastet, jeder Satz bedeutet mehr, als er oberflächlich anzudeuten scheint. Die Eltern - der Vater pensionierter Arzt, die Mutter Hausfrau aus Leidenschaft - sind von den Kindern eigentlich enttäuscht, würden das aber nie aussprechen. Die Kinder würden gerne ihren Frieden mit den Eltern machen, aber jedes Erlebnis, jede Minute wird von Erinnerungen überschattet, alles bedeutet mehr, als Außenstehende vermuten könnten.

In tableau-ähnlich aufgebauten Szenen beobachtet der Japaner das Unglück seiner Protagonisten wie in einem Theaterstück. Über all den wundervoll geduldig entwickelten Szenen schwebt die Tragödie des ältesten Sohnes, der vor Jahren starb. In ihn, so scheint es rückblickend, hatten die Eltern alle Hoffnungen gesetzt. Dass er tot ist und andere leben - das ist der stille Vorwurf der Eltern an die Welt.

Das Familiendrama entwickelt in seinen subtilen Gesten und Blicken und seinen eigenwilligen Kadrierungen eine ungeheure Faszination. Der Gang zum Friedhof, die Verabschiedung - alles ist von Ritualen nur karg übertüncht, hinter denen sich emotionales Elend und Leere verbergen.

Mit ungeheurer Präzision inszeniert, wirkt Still Walking in seiner Strenge beinahe soghaft deprimierend, nur das böse Ende wirkt seltsam erleichternd.

In seinem leisen Auftritt und seinem stilistischen Minimalismus ist Still Walking ein Meisterwerk.

Thomas Friedrich

Aruitemo aruitemo J 2008 R, B & S: Hirokazu Koreeda K: Yutaka Yamasaki D: Hiroshi Abe, Yui Natsukawa, Yu