DIE STUNDE DES JÄGERS

Rambos Opa

Tommy Lee Jones jagt schon wieder einen »Fugitive«

Der deutsche Titel nimmt der Story einen wesentlichen Dreh: der wahre Held ist der Gejagte, "The Hunted". Allerdings ein tragischer, zum Scheitern verdammter. Der zweite Held ist der Regisseur William Friedkin, der seine Hatz und Maus Story frech an allen Genre-Standards vorbeijagt und tatsächlich eine Autoverfolgungsjagd im Stau zu einem Höhepunkt inszeniert.

Der Konflikt: Ein Elite-Killer (Benicio Del Toro), der fürs geheime Umbringen serbischer Schlächter im Kosovo einen Orden aber auch ein Einsatz-Trauma kriegte, zerlegt nun in den amerikanischen Wäldern unfaire Freizeit-Jäger. Sein alter Trainer in Tarnen und Töten, Tommy Lee Jones, pflegt derweil als Rentner-Ranger Wölfe, die in unfaire Fallen tappten. Da holt ihn das FBI, ohne von ihrer Beziehung zu wissen, um den Jäger-Jäger zu jagen.

Er kriegt ihn schneller als die Polizei (Drehbuch-Dusel: der Täter wartet so lange im Wald, bis der Sherlock Holmes der Moose und Farne eingeflogen wird), aber er verliert ihn immer wieder. Teils weil geheime staatliche Stellen ihren aus dem Ruder gelaufenen Killer nicht vor Gericht sehen wollen, teils damit sich der wortlose, ächzende Arbeits-Sieg des einen Naturburschen über den anderen in die Wildnis Großstadt verlagert.

Wieder schludert das Buch der Griffith-Brüder, die schon Schwarzeneggers Collateral Damage nur fast hinkriegten: die Höhenangst des Jägers wird eingeführt, aber als Spannungs-Element in einem schlappen Stunt verschenkt - folgenlos wird eine "ich wurde gelinkt"-Geschichte des mörderischen Opfers angedeutet. Es läuft über viele Lücken und Unwahrscheinlichkeiten auf ein archaisches Mann gegen Mann, mehr noch: Vater (na, bei Tommy Lees Falten auch in den Rückblenden wohl eher Großvater) gegen Sohn heraus. Ganz wie Johnny Cash (im Original) zu den Titeln den Dylan-Song Highway 61 Revisited singt: Gott sagte zu Abraham, töte mir einen Sohn! Abe sagte, du spinnst wohl ...

Es gibt viele geniale Stellen im Film und noch mehr stümperhafte, es gibt falsches und richtiges Pathos an jeder Ecke - am Ende, am Rande von Portland, schmieden sich die wilden Hüter einer untergegangenen Moral im Laufen Messer, basteln Steinkeile, schieben sich im stöhnenden, extrem blutigen Clinch auf der Klippe herum ... Amerika kämpft mit sich selbst.

Leider sieht man nicht, dass der Sieg ein Verlust sein soll. Aber wenigstens verweigert der alte Herr Friedkin dem alten Herrn Jones das lockend angelegte Techtelmechtel mit der jungen Polizistin (Connie Nielsen). Angucken. Und anschliessend Hemingway lesen. Und Richard Connell, dessen Short Story The Most Dangerous Game dem offensichtlich ein bisschen zu kurzen Film zu Grunde liegt.

WING

The Hunted. USA 2002 R: William Friedkin, B: David & Peter Griffith, Art Monterastelli, K.: Caleb Deschanel, D: Tommy Lee Jones, Benicio Del Toro, Connie Nielsen