Sucker Punch

Matrix für Mädels

Mit Strapsen ins Massaker: Die Bilderwelten des Zack Snyder sind nicht von dieser Welt.

Snyders Geschichten existieren in ihrem eigenen Festplattenuniversum, in dem Pulp- und Popkultur durch den Fleischwolf gedreht, ins Fantasy- und Comic-Format überhöht und mit allerhand ungefilterten Männerfantasien angereichert werden. In Sucker Punch setzt er nun den maskulinen Heldenwelten, die er in 300 als blutige Omnipotenzfantasie ins Bild fasste, ein amazonenhaftes Fantasygemälde entgegen.

Wie sich das gehört, wird die geballte Frauenpower auf der Leinwand zunächst einmal durch eine extreme Leiderfahrung legitimiert. Die junge Babydoll (Emily Browning) versucht nach dem Tod ihrer Mutter zu verhindern, dass der Stiefvater die kleine Schwester missbraucht, erschießt dabei versehentlich das Mädchen und wird in eine geschlossene Anstalt verbracht. Fortan verfolgt der Film das Schicksal seiner Protagonistin auf drei ineinander geschobenen Erzähl- und Bewusstseinsebenen.

In ihrer Fantasie verwandelt sich die trostlose Klapse in ein Edelbordell, in dem die zahlende Kundschaft mit erotischen Tänzen verführt wird. Gemeinsam mit vier Kolleginnen plant Babydoll den Ausbruch aus der sexuellen Sklaverei. Während das vermeintlich unschuldige Mädchen mit seinen lasziven Tänzen Aufseher und Bordellbesitzer ablenkt, treffen die Komplizinnen die Fluchtvorbereitungen.

Gleichzeitig träumt sich Babydoll mit jedem Tanz in eine weitere Fantasiewelten hinein, in der sie bis an die Zähne bewaffnet wahlweise gegen glutäugige Ninja-Monster, eine Übermacht kaiserdeutscher Soldaten oder feuerspeiende Drachen antritt.

Ähnlich wie Guillermo del Toros Pans Labyrinth versucht auch Zack Snyder den verdrängten Traumata seiner Hauptfigur in einem Fantasy-Setting Gestalt zu verleihen. Aber während del Toro die Gewalterfahrung eines Mädchens in offenen, assoziativen Bilderwelten verarbeitete, betreibt Snyder seine Psychologisierung mit dem Holzhammer. Auf dem Weg von einer Erzählebene zur nächsten werden die männlichen Peiniger zu besiegbaren Feinden verformt, bis sie schließlich auf dem letzten Spiel-Level als gesichtslose Gegner durch das Amazonen-Quintett massenweise abgeschlachtet werden.

Hier ist Snyder dann auch wieder in seinem Element und setzt vor historisch-futuristischen Digitalkulissen seine ausufernden Endlosgemetzel in Szene. Genauso wie er in 300 seine dauerverschwitzten Spartaner mit ihren kühlschrankgroßen Brustkörben dekorativ ins Licht rückte, sexualisiert er auch hier den Befreiungskampf der Amazonen konsequent durch. Mit Strapsen und automatischen Handfeuerwaffen bahnen sich die Damen als postfeministische Männerfantasie ihren Weg durch das Schlachtfeld.

Bei aller intellektuellen Schlichtheit und voyeuristischen Evidenz ist Sucker Punch jedoch nicht ohne filmkünstlerische Finesse inszeniert. Snyders Farb- und Bilderwelten sind stilistisch stringent und atmen eine unbändige Lust am Filmemachen.

Allerdings gelingt es ihm nicht, seine Versatzstücke aus Comic-, Pulp- und Popkultur in eine eigene Geschichte mit originellen Dialogen und einer schlüssigen Dramaturgie zu fassen.

Martin Schwickert

USA 2011 R: Zack Snyader B: Zack Snyder, Steve Shibuya K: Larry Fong D: Emely Browning, Abbie Cornish, Jena Malone, Jon Hamm