Die süsse Gier

Wer zahlt's?

Eine präzise kalkulierte Satire über Fondsgauner und Immobiliengangster

Fast zufällig wird der eher schmierige Makler Dino Ossola zum Tennispartner des Spekulanten und Fondsmanagers Giovanni Bernaschi. Der hat einen Fond aufgelegt, der bis zu 40prozentige Renditen verspricht. Um da mithalten zu können, nimmt der kleine Makler einen großen Kredit auf und steigt mit 700.000 Euro bei Dino ein. Wir haben von Anfang an so eine Ahnung, was mit diesem Geld passieren wird.

Aber eigentlich erzählt Paolo Virzi eine ganz andere Geschichte, nämlich die von einem Radfahrer, der auf nächtlich dunkler Straße von einem Wagen angefahren wird und verletzt im Straßengraben landet. Der Wagen fährt weiter, wir wissen bald, dass er dem Sohn Dinos gehört.

Wer wirklich am Steuer des Wagens saß, um diese Frage kreist der ganze Film, der seine Geschichte immer wieder erzählt, geordnet nach Kapiteln, in denen jeweils eine andere Figur beobachtet wird, was sie in jener Nacht getan hat. Das führt nicht zu Langeweile, weil die Geschichte sich mit jedem Kapitel verändert, aber was als böse Satire über Geldgier und Skrupel begann, verwandelt sich in ein Melodram, in dessen Verlauf wir lernen, dass die Jagd nach Reichtum den Charakter verdirbt und irgendwie auch nicht glücklich macht.

Dass man der Ausbreitung dieser eher müden Erkenntnis dennoch fasziniert folgt, liegt an dem großartigen Ensemble, allen voran Valeria Bruni Tedeschi, die als blonde Gaunergattin jene Tragik entwickelt, die der Ehefrau von Toni Soprano immer verwehrt wurde. Aber auch Fabrizio Bentivoglio und Fabrizio Gifuni als ungleiche Geschäftspartner - kleinbürgerlicher Kleingeldsammler der eine, großbürgerlicher Zyniker der andere - ein gutes Paar abgeben.

Das menschliche Kapital des Originaltitels bezieht sich übrigens auf eine Rechenmethode der Versicherungswirtschaft: Im Todesfall berechnet sich der Wert eines Menschen vor allem nach dem, was wohl an Einkünften im noch folgenden Leben zu erwarten gewesen wäre. Den bösen Witz, der sich dahinter verbirgt, präsentiert der Film erst im Abspann.

Thomas Friedrich

Il Capitale Umano I/F 2014 R: Paolo Virzi B: Paolo Virzi, Francesco Bruni, Francesco Piccolo K: Jerome Alméras D: Valeria Bruni Tedeschi, Fabrizio Bentivoglio, Valeria Golino, Fabrizio Gifuni, 109 Min.