SUNSHINE

In die Sonne gehen

Danny Boyles SF-Film glänzt mehr durch Optik als Inhalt

Es sind nicht immer die schlüssigsten Prämissen, aus denen die besten Science-Fiction-Filme entstehen. Danny Boyles Sunshine etwa behauptet, dass in 50 Jahren die Sonne stirbt, obwohl die derzeitigen wissenschaftlichen Berechnungen ihr noch weitere fünf Milliarden Lebensjahre prophezeien.
Und was macht der Mensch, wenn die Sonne droht ihr Leben auszuhauchen? Er schickt ein Raumschiff los, um eine dicke, fette Bombe in dem Stern explodieren zu lassen, was der Sonne wieder neue Energie zuführen und die Existenz des Planeten Erde retten soll.
Bei solchen Filmplots denkt man an IQ-arme Weltraumritterfilme wie Armageddon. Aber das Schöne am Science Fiction-Genre ist eben, dass die vorhersehbarste Geschichte mit den richtigen Zutaten in ein Meisterwerk verwandelt werden kann. Sunshine möchte man dieses Etikett zwar nicht anhängen, dennoch beeindruckt das kreative Feuerwerk, das Boyle um sein dünnes Handlungsgerüst abbrennen lässt. Eine achtköpfige, international besetzte Gruppe (Cillian Murphy, Chris Evans, Michelle Yeoh u.a.) macht sich an Bord der "Ikarus 2" auf ein dreijährige Reise, um die Sprengladung in der Sonne abzusetzen. Sieben Jahre zuvor war ein Raumschiff mit der gleichen Mission in den Weiten des Weltraums verloren gegangen. Ein gigantisches, goldenes Schild schützt den dünnen Raumschiffkörper vor den brennenden Strahlen der Sonne. Ein eigenes Pflanzenbiotop versorgt die Crew mit Sauerstoff und Gemüse.
Äußerst gelungen ist das Design des Raumschiffes, das weniger von kalten Technikfantasien als von organischen Formen und Farben geprägt ist. Die Sonne, die immer wieder in gefilterten Versionen auf den Großbildschirme an Bord zu sehen ist, wird zum eigentlichen Star des Films. Aus Weltraum-Projektionen, blinkenden Leuchtdioden, halbtransparenten Innendekorationen und blendenden Lichtangriffen entwirft Boyle, der nach The Beach und 28 Days Later erneut mit Drehbuchautor Alex Garland zusammengearbeitet hat, einen leicht psychedelischen Bilderrausch.
Schon lange hat kein SF-Film mehr solche eine visuelle Kraft entfaltet. Soderberghs Versuche, Solaris auf ähnliche Art zu reanimieren, verblassen hinter der Bildgewalt diese Filmes vollständig. Leider verlässt "Sunshine" im letzten Viertel seinen Weg, die Ängste und solaren Verschmelzungssehnsüchte der Figuren im Diffusen zu belassen. Mit dem Auftauchen eines realen Bösewichtes, der sich an Bord schleicht, verliert sich der Film in ermüdenden Handgemengen und Verfolgungsjagden, bevor er auf sein explosives Finale zusteuert.

Martin Schwickert

GB 2007 R: Danny Boyle B: Alex Garland K: Alwin H. Kuchler D: Cillian Murphy, Chris Evans, Michelle Yeoh , 107 Min.