SUPER 8

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J.J. Abrams bedankt sich bei Steven Spielberg

In den Filmen des älteren Meisters war meistens der Vater tot oder verschwunden, während die Kinder Anfang der 70er immer wieder Muster aus den 50ern nachspielten. So wie J.J. Abrams, der seine Filmkarriere damit begann, auf Super 8 nachzudrehen, was er von Spielberg im Kino gelernt hatte. Und tatsächlich als 15jähriger von Spielberg damit beauftragt wurde, dessen Super 8 Filme für eine Präsentation durchzusehen.

Heute produziert der Übervater der ewigen Jugend einen Erinnerungs- und Verbeugungsfilm seines wohl erfolgreichsten Schülers. Von Alias über Lost bis Fringe gab Abrams dem Fernsehen einen Sense of Wonder zurück, den es seit Rod Serlings Twilight Zone nicht mehr hatte. Und mit Star Trek belebte er das größte Abenteuer der Menschheit aus den 60ern im Kino wieder, ebenso traditionalistisch wie frech und jung. Und dann war da noch Cloverfield, zu dem Super 8 sowohl formale Fortsetzung als auch Gegenthese ist. E.T. trifft auf die Goonies und retten den Blob sozusagen.

Wir schreiben das Jahr 1979 und im Radio droht gerade das Atomkraftwerk Three Mile Island durchzugehen. Die Kleinstadtjugend aber hat andere Sorgen. Die Kids wollen einen Zombie-Film auf Super 8 drehen und verwickeln sich in köstliche Kontroversen. Muss der Held eine Frau haben, damit einer weint, wenn er stirbt? Kommt es auf große Explosionen oder den Blutfleck an der richtigen Stelle an? Oder den richtigen Satz zur richtigen Zeit? Und wie raufen sich der dickliche Regisseur und der Effektmann mit den träumenden Augen zusammen, wenn sich beide in das große Mädchen (Elle Fanning) vergucken, die noch dazu das einzige Auto der Gruppe fährt?

Bei einem Nachtdreh am Bahndamm legt die Gören erstmal zur Probe eine oscarreife Liebeszene hin, die das Publikum kollektiv ins Schwärmen bringt. Dann läuft die kleine Super 8-Kamera an, der Zug kommt, um kostenlos einen beeindruckenden Hintergrund zu machen - und entgleist plötzlich. Etwas explodiert. Der Bahndamm ist voller Soldaten. Es rumpelt und pumpelt und irgendetwas garstiges ist geschehen. Was genau, sehen wir und die Jungfilmer aber erst nach einer Stunde oder Tage später, weil man Super 8-Filme erst zum Entwickeln geben muss.

Inzwischen hat das Militär die Kleinstadt besetzt und evakuiert die Bürger, die sich wundern, wieso bei dem angeblich drohenden Waldbrand überall Toaster und andere Elektrobauteile verschwinden. Die Jungs drehen weiter, weil sie kostenlos waffenstarrende Statisten abkriegen, und es gibt allerlei Heranwachsendenprobleme mit überforderten Vätern und schwitzenden Händen. Nur der SF-erfahrende Zuschauer ahnt längst, dass da ein Etwas aus dem Weltraum sein Unwesen treibt.

Es folgt eine halbe Stunde Rambazamba, ohne die ein A-Film heutzutage wohl nicht auskommen kann. Aber wenigstens hält Abrams meistens das Bild schön dunkel und versteckt die Action gern in gebrochenen Blickwinkeln. Bis endlich alles doch noch gut ausgeht und der schönste Teil sogar erst nach dem Nachspann kommt.

Abrams Super 8 feiert eine kindliche Unschuld, die zwar künstlich ist, aber den Effekt-Gewittern doch so etwas wie Seele gibt. Und vor allem führt der Film vor, wie man intelligente Unterhaltung macht, die sowohl Platz für ein bisschen Kitsch zur rechten Zeit hat als auch für das ein oder andere Wagnis. Als rund um den zentralen Ausbruch des Rätsels plötzlich überall Hunde verschwinden, sehen wir einmal kurz eine Vermisstenwand mit Hundefotos, wie sie seit 9/11 so oft als Trauer-Monument vorgekommen ist.

Wing

USA 2011. R + B: J.J. Abrams K: Larry Fong D: Joel Courteny, Elle Fanning, Kyle Chandler, Riley Griffiths