The Lady

Würde gegen Action

Luc Besson ist im falschen Film

Insgesamt fünfzehn Jahre war die Dissidentin Aung San Suu Kyi unter Hausarrest gestellt, der erst im November 2010 aufgehoben wurde. Die kompromisslose Streiterin für ein demokratisches Burma wurde in ihrem Land und weit darüber hinaus zur Leitfigur des friedlichen Widerstandes. Mittlerweile scheinen die Machthaber in Naypyidaw einzulenken und haben Verhandlungen mit Suu Kyi um freie Wahlen und einen demokratischen Umbau der Gesellschaft begonnen.

Insofern ist Luc Bessons filmisches Porträt der burmesischen Oppositionsführerin einerseits hochaktuell, andererseits schon glücklich von der Historie überholt worden. Michelle Yeoh spielt die Tochter des Unabhängigkeitskämpfers Aung San, der 1947 bei einer Kabinettssitzung ermordet wird. Besson inszeniert das Massaker zu Beginn des Filmes mit der Wucht des versierten Action-Regisseurs, um sich dann wieder zurückzunehmen und das Biopic in ruhigere Fahrwasser zu lenken.

Nach dem Exil in Indien und dem Studium in Oxford heiratete Suu Kyi den englischen Tibetologen Michael Aris (David Thewlis) und erst 1988 kehrt sie nach Burma zurück. Dort sind gerade die Aufstände gegen die Militärdiktatur in vollem Gange. Suu Kyi wird Zeugin der brutalen Niederschlagung der Demokratiebewegung. Nur kurzzeitig lenken die Machthaber ein und rufen freie Wahlen aus. Die Oppositionsbewegung kann die Tochter des berühmten Unabhängigkeitskämpfers als Kandidatin gewinnen und Suu Kyi geht siegreich aus der Wahl hervor.

Die Militärjunta erkennt das Ergebnis nicht an, verfolgt und foltert die Mitglieder der Demokratiebewegung und stellt Suu Kyi unter Hausarrest, während ihr Mann und die beiden Söhne in Großbritannien Einreiseverbot bekommen. Sogar als Michael an Krebs erkrankt verweigert das Regime ihm ein Visum.

Besson hält den emotionalen Fokus auf die gewaltsam getrennte Familie und zeigt die enorme Willenskraft der Heldin, die ihr privates Glück für die politischen Ideale opfert. Michelle Yeoh spielt die demokratische Kämpferin voller Kraft und Würde, ohne pathetische Posen und man sieht, wie viel Herzblut und schauspielerische Genauigkeit sie in diese Rolle hineingelegt hat.

Dem steht leider der wenig sensible Regiestil Luc Bessons gegenüber, der emotional immer in die Vollen geht, die Kamera draufhält, wo Zurückhaltung effektiver wäre, und sich in jeder Massenszene am eigenen inszenatorischen Vermögen berauscht.

Das Missverhältnis zwischen der Bescheidenheit der Figur und der aufgeplusterten Inszenierung zehrt an der emotionalen Wahrhaftigkeit der Geschichte, die ohne plumpe Verstärkereffekte ihre Wirkung besser entfalten könnte.

Martin Schwickert

GB/F 2011 R: Luc Besson B: Rebecca Frayn K: Thierry Arbogast D: Michelle Yeoh, David Thewlis, Susan Wooldridge