TORTILLA SOUP

Verbrutzelt und verbraten

Ein Remake, das die Welt nicht braucht

Wer den bezaubernden Film Eat, Drink, Man Woman von Ang Lee schon kennt, braucht sich das anglo-mexikanische Remake Tortilla Soup nicht anzuschauen. Wer Lees Original nicht kennt, sollte vielleicht trotzdem auf Tortilla Soup verzichten und sich die filmische Vorlage besorgen. Maria Ripolls Komödie widerlegt nämlich den Satz, dass ein guter Film vor allem ein gutes Drehbuch braucht. Tortilla Soup hat ein gutes Drehbuch und ist dennoch nichts weiter als pure Oberfläche.

Im Zentrum der Geschichte steht Papa Martin, Meisterkoch, Witwer und Vater dreier erwachsener Töchter, die im Verlauf des Films ihr Glück finden, also einen Mann. Der knorrige Alte will seine Töchter nicht so recht ziehen lassen, aber wenn man erst seine Kochkünste gelobt hat, ist ihm eigentlich fast jeder Schwiegersohn recht. Die überschaubare Handlung wird immer wieder unterbrochen durch ausführliche Szenen der Essenszubereitung.

Aber wo bei Ang Lee das bedächtige Formen und Braten die Geschichte erweiterte, beinahe einen Kommentar zum Geschehen abgab, hat sich Ripoll auf den Glanz der Zutaten verlassen: knallbunte Gemüse, rostrote Soßen, trockeneisgeschönte grüne Blätter werden in Nahaufnahme und hektischen Schnitten zu einer lächerlichen Latino-Musik ins Bild gerückt und verbrutzelt und verbraten.

Während bei Lee die Dauer der Zubereitung allgegenwärtig war, während wir also lernten, dass Sinnlichkeit auch eine Frage der sorgfältigen Vorbereitung ist, gibt es bei Tortilla Soup keine Zeit - es wird gekocht, und irgendwann ist es fertig. Das gemeinsame Essen von Vater und Töchtern ist dann nur noch Anlaß für familiäre Mitteilungen ("Ich ziehe bald aus!") und endlosen Streit.

Selbst die ruhigen, vom Dialog her bewegenden Szenen vergurkt Ripoll durch hektische Schnitte und seltsame Bildausschnitte, die entweder unruhig oder lieblos vorbereitet wirken. Selbst ein alter Kleindarsteller-Haudegen wie Hector Elizondo, der hier endlich mal eine Hauptrolle spielt, wirkt hilflos und verloren zwischen Töpfen, Pfannen und ständig wechselnder Kamera. Das restliche Ensemble, hierzulande bestenfalls durch Nebenrollen bekannt, agiert hervorragend und engagiert.

Das Elend dieses Filmes scheint erst im Schneideraum entstanden zu sein. Sozusagen in der Küche der Regisseurin.

Thomas Friedrich

USA 2002. R: Maria Ripoll. B: Tom Musca, Vera Ramon Menendez, Vera Blasi. K: Xavier Perez Grobet. D: Hector Elizondo, Jacqueline Obradors, Tamara Mello, Elizabeth Pena, Raquel Welch, Nikolai Kinski <>